1882 -
Kiel
: Homann
- Autor: Ahrens, I. F.
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Ii. Kulturbilder aus Welt und Werkstatt.
daß die Masse vollständig gleichartig wird und eine dunklere mehr braune
Farbe annimmt. Bei gewöhnlicher Temperatur ist sie zähe und leder-
artig, im warmen Wasser wird sie weicher; bei 60—66° läßt sie sich
formen wie Wachs und nimmt beim Erkalten ihre frühere Härte wieder
an. Die so wichtige plastische Eigenschaft unterscheidet sie namentlich vom
Kautschuk, das, durch starke Hitze erweicht, nie wieder hart wird. In
kochendem Wasser wird sie so weich, daß sie sich in Fäden ziehen läßt.
Bis zum Schmelzen erhitzt, erhärtet sie, wie das Kautschuk, nicht mehr.
Bleibt Guttapercha lange an der Luft liegen, so verwandelt sie sich all-
mählich in einen harzartigen Körper, zerbröckelt schließlich und zerfällt in
Staub. Bei Blöcken ist dies nicht von Bedeutung, da die Veränderung
nur an der Außenseite vor sich geht, dünne Platten und Blätter dagegen
werden in einigen Monaten vollständig zerstört und müssen daher beim
Aufbewahren vor zu starker Berührung mit der Luft geschützt werden.
Sie ist löslich in Schwefelkohlenstoff, Benzin, Chloroform, in warmen
ätherischen Ölen, wie Terpentin- und Kautschuköl; unlöslich im Wasser;
Alkohol löst nur das darin enthaltene Harz, weshalb es zur Fällung
des Guttaperchas aus Lösungen benutzt wird. Unvollständig gelöst, wird
sie teigartig und klebend. Guttapercha darf kochendes Wasser nicht trüben.
Sie ist etwas leichter als Wasser und schmilzt bei 110 0 zu einer dicken
klaren Flüssigkeit. Für Wasser ist sie undurchdringlich. Durch Reiben
wird sie wie Kautschuk elektrisch, ist aber selbst ein schlechter Leiter der
Elektricität und Wärme.
Die ersten zwei Centner Guttapercha kamen erst 1844 von Singapur
nach Europa. Die Bedeutung dieses Stoffes stieg aber so, daß 1863
der Export schon 36 000 Ctr. betrug, die von 300 000 Bäumen ge-
wonnen wurden.
Bevor die Guttapercha zu irgend welchen Artikeln verarbeitet wird,
muß sie gereinigt werden. Mittelst Walzen oder Messer wird die Masse
unter beständigem Zufluß von Wasser in kleine Späne zerrissen oder zer-
schnitten; nachdem dann diese kleinen Stückchen im Wasser umgerührt
werden, wobei die schweren Beimengungen untersinken, die leichteren aber
schwimmen, werden sie in der Wärme zusammengeknetet. Durch Pressen
kann sie eine Härte erlangen, daß sie sich auf der Drehbank bearbeiten läßt.
Eine große Zahl verschiedenartiger Gebrauchsgegenstände wird aus
der Guttapercha angefertigt. Hauptsächlich wird sie gebraucht zu plasti-
schen Abdrücken bei der Galvanoplastik; zur Isolierung der unterirdischen
Telegraphenleitungen wird gewöhnlich Guttapercha verwandt, jedoch mir
Draht umsponnen, weil die Mäuse sie sonst anfressen, während die vulka-
nisierte durch den Schwefelgehalt den Kupferdraht angreift. Da sie den
Alkalien und Säuren, ausgenommen starker Schwefelsäure und Salpeter-
säure, widersteht, wird sie in Laboratorien zu Untersätzen von Flaschen
und photographischen Wannen benutzt. Statt der ledernen Treibriemen
bei Maschinen hatte man solche von Guttapercha, die jedoch wegen der
großen Menge der durch Reibung entstehenden Elektricität lästig wurden;
auch dient sie zu Laufschnüren an Drehbänken. Sohlen werden mit einer