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1. Lehr- und Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und Fachschulen sowie zur Selbstbelehrung - S. 452

1882 - Kiel : Homann
452 Ii Kulturbilder aus Welt und Werkstatt. Und dieser Eroberungszug um den Erdball ist in aller Stille vor sich gegangen; niemanden hat sie, wie es andere bedeutende Erfindungen zeitweilig gethan, brotlos gemacht, aber Millionen hat sie Brot gegeben, und wo immer sie Einkehr hielt, war sie sofort eine friedliche, willige Dienerin — ja mehr als das — eine liebe Freundin des Hauses. Und welche Wohlthäterin ist sie in den Werkstätten wie im Haus geworden! Das wirksamste Mittel, welches das Gespenst der Armut nur schwer über die Thürschwelle läßt, ist die Nähmaschine; wo sie eine Heimstätte gefunden hat, dort kann es wohl nach dem Zeugnis erfahrener Armenpsleger einmal knapp hergehen, aber die eigentliche Armut findet hier keine bleibende Stätte mehr. Und der geistige Einfluß? Die ganze Arbeit der Nähterin hat sich verfeinert, seit sie nicht mehr mit übermenschlicher Langmut unabsehbare Nahtlängen zusammensticheln muß. Sie braucht vor seiner Modelaune mehr zurückzuschrecken und sollte dieselbe auch Nähte beanspruchen, die sich wie ein Ariadnefaden durch Labyrinthe von Draperieen und Falten hin- durchziehen; sie weiß, die Maschine nimmt ihr die furchtbare geisttötende Sklavenarbeit ab, der eiserne Mechanismus springt ein und die Nähterin kann auf edlere Dinge z. B. geschmackvolle Verzierung und Ausführung ihr Augenmerk richten. Aber nicht nur bei der berufsmäßigen Nähterin ist die Nähmaschine als Wohlthäterin aufgetreten; auch im Haushalt, in der Familie hak sie segensreiche Reformen vollzogen, nicht bloß durch ihre eigene Arbeitskraft, sondern dadurch, daß sie den überzeugenden Be- weis geliefert hat, welche Vorteile die Hülfe kleiner Maschinen für die Haushaltung gewähren. Seit das Spinnrad und der Webstuhl die Familienräume verlassen, schien aller Sinn für mechanische Hülssquellen im Hause erstorben zu sein. Das ist nun anders geworden: in Küche, Keller und Waschhaus, überall treffen wir jetzt auf Apparate und Ma- schinen, welche die Hand des Weibes entlasten und ihr die schwere oder rein mechanische Arbeit abnehmen, man denke nur an die Wasch- und Wring- maschinen. Die Nähmaschine ist die Vorläuferin gewesen, welche den Sinn für die mannigfachen Maschinen für Haushaltungszwecke geweckt und ihrer Einführung die Wege gebahnt hat. Der Einfluß der Nähmaschine auf das industrielle Leben ist nicht minder von großer Bedeutung. Sie beansprucht die Maschinenfabrikation, dadurch forderte sie zur Konstruierung von Hülss- und Werkzeugmaschinen heraus, die heute wieder einer großen Zahl anderer Zweige des Ma- schinenbaus zu gute kommen; sie har die Industrie gefördert durch die Fabrikation ihrer eisernen Bestandteile, ihrer mechanischen Einrichtung, ihrer eigenartigen Nadeln und des von ihr verlangten Maschinengarns, welches von den Spinnereien geliefert werden muß; sie hat eine neue Metallbereitungsmethode ins Leben gerufen und der galvanischen Ver- silberung neue und zahlreiche Auftrage gegeben. Die noch junge Erfindung hat fchon eine große Vergangenheit, sie hat eine großartige Gegenwart und wird sicher eine Zukunft haben, deren Grenzen sich gar nicht abschätzen lassen, und Deutschland darf sich darüber
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