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1. Lehr- und Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und Fachschulen sowie zur Selbstbelehrung - S. 499

1882 - Kiel : Homann
Ii. Kulturbilder aus Welt und Werkstatt. 499 V. Von der Gesittung überhaupt und was ihr in der Geschichte der Menschheit vorangegangen sein muß. Es giebt noch mancherlei Stämme und Völker auf der Erde, welche der Ge- sittung nicht teilhafüg sind; d. h. solche, welche kein geordnetes Zusammenleben führen, wie die Jäger- und Fischervölker Amerikas und Australiens und die Nomadenstämme der asiatischen und südeuropäischeu Steppen oder der afrikanischen Oasen. Und ohne Zweifel brauchten auch die Nationen, die gegenwärüg zu den Gesitteten gehören, lange Zeit, bis ihre Zustände die Stufe der Vollkommenheit er- reichten, die sie jetzt einnehmen. Von dem Treiben der amerikanischen Jndianerstämme haben alle gewiß schon gehört; auch von dem Leben der Kirgisen in Sibirien oder anderer Nomadenvölker ist jedem wenigstens so viel bekannt, daß er weiß, sie ziehen hordenweise mit ihren Herden in den Steppen herum, um günstige Weideplätze aufzusuchen. Vergleicht emmal die Lebensweise und die Sitten der Wandervölker mit denen der gebildeten Nationen! Bei jenen wird alle Sorge daraus verwendet, den äußeren Bedürfnissen des täglichen Lebens notdürfsig zu genügen. Jeder denkt nur an sich oder höchstens an seine Familie und bekümmert sich um andere wenig oder tritt ihnen gar feindlich gegenüber; eine armselige Hütte oder ein dürfüges Zelt ist ihre Wohnung, unwirtlich sind die Umgebungen dieser Wohnplätze; rauh und trübe, oft auch blutig und grausam spinnt sich ihr Leben ab, dem alle edleren Güter fremd sind. Welch anderes Bild kneten die Zustände der gesitteten Völker! Hier prangen angebaute Fluren; daneben wohnt der Mensch in Dörfern und Städten; von allen Seiten führen nach diesen Wohuplätzen geebnete Straßen, auf denen sich ein reger Verkehr vollzieht; auf den Flüssen und über das Meer hin bewegt sich, mit den mannigfalügsten Waren beladen, das stolze Schiff; Fabriken ragen empor mit zahlreichen Schornsteinen und einem Ameisenhaufen vergleichbar, tummelt sich darin eine emsige Schar, um alles mögliche, was der Mensch bedarf, in größter Vollkommenheit und Wohlfeilheit zu liefern. In seinen Mauern wohnt der Städter oder auch ohne diese der Dorfbewohner sicher unter dem Schutze des Gesetzes. Für alle Bedürfnisse ist gesorgt; hier die Kirche mit ihrem Himmelszeiger; dort das Rathaus, die Schule, die Apotheke, der Turnplatz, — um von den Palästen und Schlössern, den Theatern und Museen und von andern An- stalten der großen Städte für Wissenschaft und Kunst, für Handel und Gewerbfleiß oder für Zwecke der Barmherzigkeit nicht zu sprechen. Und dann das Leben an Liesen Wohuplätzen selber! Jeder hat sein eigenes Geschäft und doch arbeiten alle für einander. — Da findet jeder, wenn er nur arbeiten will, sein Unter- und Auskommen!; ist einer aber alt oder krank, so ist auch für ihn Hülfe oder Trost bereit. Reichliche Gelegenheit ist dir geboten, das Wort Gottes zu hören und deinen Geist durch nützliche und edle Kenntnisse zu bereichern. An schönen Sommerabenden erschallt ans den Straßen des Dorfes Gesang, in den Theatern und Konzerten der Städte finden Dichtung und Musik eine kunstvolle Pflege. Und wer vermöchte sie alle aufzuführen, die Segnungen des Zusammenlebens der Menschen? Nur einen Tag gebt euch einmal die Mühe, nichts von ihnen zu genießen, ohne daran zu denken und ihr werdet dankbar erkennen, wie reich das Leben auch des Ärmsten durch diese Güter ist. Wisset ihr aber, auf welcher Grundlage allein diese Gesittung möglich ist, welcher Erfindung wir alle diese Wohlthaten verdanken? Lasset uns einmal darüber nach- denken! Das sieht zunächst jeglicher ein, daß vor allem feste Wohnsitze dazu gehören, wenn man es über das notdürftige Leben hinaus und zu geordneten Zuständen'bringen will. Denn nur wo man zu bleiben gedenkt, richtet man sich wohnlich und freundlich ein; bei einem vorübergehenden Aufenthalt behilft man sich mit dem nötigsten. Wer stets gleichsam von vorn anfangen muß, sein Leben einzurichten, der kann schon aus diesem Grunde die höheren Zwecke des Daseins nicht erreichen. Wald aus und ein, Strom auf und ab, ziehen die Horden amerikanischer Wanderstämme, wohin sie eben ihr tägliches Bedürfnis treibt. Jede größere Gemeinschaft fliehen sie, damit ihnen die Beute der Jagd und der Fischerei nicht geschmälert werde; ja sie bekämpfen einander
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