1882 -
Kiel
: Homann
- Autor: Ahrens, I. F.
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Iii. Bilder aus der deutschen Geschichte.
sturms, ebenfalls vom 17. März, war durch einen passenden Aufruf ein-
geleitet, welcher die schönen Worte am Schluß enthielt: „Meine Sache ist
die Sache meines Volkes."
Gleichzeitig mit diesen Aufrufen erschien die Verordnung über die
Stiftung des eisernen Kreuzes, datiert Breslau vom 10. März 1813, eine
überaus glückliche und zeitgemäße Institution, die im ganzen Volke den
freudigsten Anklang fand und die eiserne Zeit, die man durchmessen, höchst
sinnreich bezeichnete.
Die Aufrufe des Königs, welche nun durch das ganze Land und
weit über dessen Grenzen hinaus hallten, brachten im Verein mit allem
Vorhergegangenen eine Wirkung hervor, die sich nicht genügend be-
schreiben läßt. Das nachfolgende Geschlecht wird immer davon nur
eine schwache Vorstellung haben, man mußte diese Zeit selbst durchlebt
haben. Alle Herzen wurden bis auf den Grund erschüttert. Auch die
Frauen, sonst wenig bekümmert um öffentliche Angelegenheiten, teilten gleich-
mäßig das allgemeine Gefühl. Es war kein Mann, kein Weib, keine
Familie im ganzen Lande, die nicht schwere Unbill von den Franzosen
erlitten hatte. Ganz abgesehen von der politischen Schmach, die tief ge-
fühlt wurde, hatte fast jeder persönliche Beleidigung zu rächen und bittere
Verluste zu beklagen. Seit beinahe sieben Jahren waren tausend und
abertausend Feinde im Lande, die auf Kosten desselben lebten und denen
man noch eine unerschwingliche Kriegssteuer hatte zahlen müssen. Der
Sieger ist niemals sanft, sein Übermut und Hohn hatte beleidigt, aus
Kriegstrotz war so mancher von ihm gemißhandelt, nicht wenige, die
Widerstand versucht, geschlagen, viele beraubt worden. Noch tiefer war
gefühlt worden, was die Frivolität des Feindes in den Familien verschuldet,
die man außer stände gewesen zu rächen. Beständige Einquartierung,
nie aufhörende Lieferung aller Art, immerwährendes Liegen mit den Ge-
spannen auf der Landstraße rc. hatten Bürger und Landmann zur Ver-
zweiflung gebracht. Daher in allen Herzen das eine Gefühl, das schimpf-
liche Joch abzuwerfen und blutige Rache zu nehmen; daher der freudige
Entschluß, mit Daransetzung des letzten Blutstropfens und des letzten
Gutes bis zur Vernichtung zu kämpfen; daher der Aufstand des ganzen
Volkes auf den Ruf des Königs.
Schon vor der Kriegserklärung an Frankreich eilte die kriegsfähige
Jugend auf allen Landstraßen, Wegen und Stegen zu den bezeichneten
Sammelorten, daß die Franzosen mit Bangigkeit erfüllt wurden. Von
Berlin und der Mark aus erfolgte eine völlige Auswanderung nach Schlesien,
wo der verehrte König sich befand und wo ein ansehnliches Heer zusammen-
gezogen wurde. Im östlichen Teile eilte man zu den Truppen des Generals
Hork, an der Weichsel zu denen von Bülow, in Pommern und der Neu-
mark suchte man zu den Truppen von Borstell nach Kolberg durchzu-
kommen. Hier an letzterem Orte erregte es einen besonderen Enthusias-
mus, als am 25. Februar abends der tapfere Verteidiger von Kolberg,
Oberst Gneisenau, auf einem schwedischen Schiffe anlangte und nachdem