Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Bürgerkunde - S. 389

1909 - Karlsruhe : Braun
Das Gewerbewesen 389 Ii. Die geschichtliche Entwicklung des Gewerbes. Das Gewerbe gelangte in Deutschland zuerst zur Ausbildung in 1185 den mittelalterlichen Städten. Dort rief das Bedürfnis des Schutzes bereits in früher Zeit Vereinigungen der Gewerbetreibenden hervor, die sog. Gilden, welche später als Zünfte und Innungen bezeichnet wurden. Sie dienten zur Vertretung der Interessen ihrer Mitglieder gegenüber den städtischer: Grundherren, zur gegenseitigen wirtschaftlichen Unterstützung, zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zur Pflege der Geselligkeit. Unstreitig haben sie in ihrer Blüte- zeit, welche in das 14. und 16. Jahrhundert fiel, das Gewerbe mächtig gefördert. Allmählich aber verknöcherten sie und mißbrauch- ten ihre Macht. Je mehr die innere Zerklüftung des Reichs, die Mehrung der Zollschranken, die inneren Kriege, besonders der Dreißig- jährige Krieg, eine Verarmung des Volkes herbeiführten, desto mehr suchten die Zünfte das Einkommen ihrer Mitglieder zu sichern und jede Konkurrenz fernzuhalten durch Ausbildung des Zunftzwanges, durch übermäßige Ausdehnung des Lehrganges und Verteuerung des Meisterwerkes, durch Erschwerung der Niederlassung und durch Aus- dehnung der sog. Zwangs- und Bannrechte, vermöge deren die Ein- wohner bestimmter Bezirke oder einzelne Klassen verpflichtet waren, ihre Bediirfnisse bei den Zunftmitgliedern zu decken. Jeder Fortschritt im Handwerk wurde gehemmt und besonders die ”86 Anwendung neuer Erfindungen wurde verhindert, indem die Zünfte genaue und bindende Vorschriften über die technische Handhabung der einzelnen Gewerbebetriebe erließen. Ebenso stemmten sie sich selbst- verständlich der Ausbildung des Fabrikbetriebes entgegen. Vergebens! Die großen Erfindungen des vergangenen Jahrhunderts führten durch die neuen Maschinen eine völlige Umgestaltung der Technik deö Gewerbebetriebs herbei und gaben den Anstoß zu den wirtschaftlichen und sozialen Umgestaltungen unserer Zeit, unter deren Druck auch die Fesseln des alten Zunftwesens zersprangen. An die Stelle des Zunft- zwanges trat in Deutschland -im Laufe des vorigen Jahrhunderts der Grundsatz der Gewerbefreiheit, welcher mit den nötigen Einschränkungen auch unsere heutige Gewerbegesetzgebung noch beherrscht. Die wirtschaftlichen Umwälzungen der neuesten Zeit haben das 1187 Handwerk aus manchen Gebieten des gewerblichen Lebens verdrängt * und zwei neue Betriebssysteme ausgebildet, die sog. Hausindu- strie und den F a b r i k b e t r i e b. 4 Dagegen wird das Handwerk auf den Gebieten, welche cs jetzt noch inne hat, sich wyhl im wesentlichen behaupten und auch künftig bei fleißiger Ausübung und Verwendung der von der heutigen Technik gebotener: Hilfs- mittel ausreichenden Erwerb sichern.
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer