1914 -
Berlin
: Liebel
- Autor: Engelhardt, Georg
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
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von 1848 bestimmt hatten: Aller Lehnsverband ist aufzuheben.
So kommt es, daß dermalen nur noch wenige Überreste des einst
so bedeutungsvollen Lehnswesens, das sind die noch vorhandenen
Thron- und sonstigen landesherrlichen Dotations- und Gnaden-
lehen, in die Gegenwart hineinragen. Für das öffentliche Recht
hat das Lehnrecht praktische Bedeutung nur noch bei Thronfolge-
fragen, die mangels besonderer hausgesetzlicher Normen nach
altem Reichslehnrecht beurteilt werden.
Ebenso wie das Lehnswesen, hat auch die Umgestaltung
der Heeresverfassung, d. h. die Ausbildung des Söldnerwesens,
auf die Besitzverhältnisse am Grundeigentum maßgebenden Ein-
fluß ausgeübt, indem die Vasallen sich mehr und mehr in Land-
wirte verwandelten. Dazu trug ferner bei, daß seit der Auf-
nahme der fremden Rechte ein gelehrtes Beamtentum den unge-
lehrten Adel allmählich ganz aus den früher ihm allein zugäng-
lichen amtlichen Stellungen verdrängte. Soweit es nötig, verließ
der Adelige den Hof des Fürsten, die Stadt oder Burg und zog
sich auf einen für landwirtschaftlichen Betrieb geeigneten
Rittersitz zurück. Um die Eigenwirtschaft zu begründen oder aus-
zudehnen, begannen die Grundherren im O st e n Bauernland
einzuziehen (das sog. „Bauernlegen") und es selbst zu benutzen,
oder sie ließen sich aus Erbleihe nicht mehr ein, um das Recht der
Wiederverleihung in der Hand zu behalten, dabei die Dienste
der Bauern zu steigern und neue Arbeitskräfte zu gewinnen.
Da diese Erundherren gerichts- und landesherrliche Rechte über
die Bauern sowie das Recht der Steuererhebung besaßen, außer-
dem als Landstände auf den Landtagen, wo die Bauern nicht
vertreten waren, die Gesetzgebung nach ihren Wünschen zu ge-
stalten in der Lage waren, standen die Bauern solchen Be-
strebungen machtlos gegenüber. Die zahlreichen, nach dem
Dreißigjährigen Kriege verlassenen Bauernstellen wurden in der
Weise wieder besetzt, daß der Grundherr zuvor den verfallenen
Hos wiederherstellte, so daß auch die Hofgebäude und das In-
ventar Eigentum des Gutsherrn waren, der nun die Bedingungen
der Leihe nach Belieben diktieren konnte. Auf diese Weise sind
die meisten großen Güter im Osten entstanden.
Anders im Westen, wo die Landstände den Landesherren
gegenüber eine derartige Macht nicht besaßen. Diese konnten sich
daher der Bauern frühzeitig gegen die Grundherren annehmen.
Soweit hier Bauernland eingezogen wurde, kam es doch nicht zur
Ausbildung von Gutsherrschaften, da der herrschaftliche Besitz zum
großen Teil in den Händen von Meiern befindlicher Streubesitz
und das Salland zu klein war, um die Grundlage eines eigen-