1914 -
Berlin
: Liebel
- Autor: Engelhardt, Georg
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
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führten die Mitglieder der Reichsritterschast den Titel „Frei-
herr" auch ohne besondere Verleihung.
Der Landadel ging mit Einführung der stehenden Heere
als Berufsstand ein, wenn er zum Teil auch, namentlich in West-
und Süddeutschland, die ritterliche Lebensweise bis zum 17. Jahr-
hundert fortsetzte; er bildete den Stamm für das Offizierkorps
(in Preußen galt der Offiziersdienst im Heere als eine gesetzliche
Pflicht des Landadels) und das höhere Beamtentum. Die Ver-
leihung des Adels (Briefadels) war zwar ein kaiserliches Reser-
vatrecht, wurde aber auch von den Reichsständen, die europäische
Großmächte waren, ausgeübt. Zu den Vorrechten des Adels
gehörte ein besonderer Gerichtsstand, das Recht auf ein Familien-
wappen und die passive Lehnsfähigkeit, nach der auch Rittergüter
nur von Adeligen erworben werden durften, sowie die Fähigkeit
zu Familienfideikommissen.
Zwischen höherem und niederem V ü r g e r st a n d , der die
gesamte freie Einwohnerschaft der Städte umfaßte, bestand nichts
wesentlich Unterscheidendes.
Der Bauernstand war mit Ausnahme weniger Frei-
bauern in Abhängigkeit von den großen Grundherren, in Hörig-
keit und Leibeigenschaft, geraten. Weniger drückend war seine
Lage im Westen als im Osten. Mit der schon erwähnten Neu-
regelung der Vesitzverhältnisse Hand in Hand ging auch die Be-
freiung der Bauern aus Hörigkeit und Leibeigenschaft durch die
Landesgesetzgebung, worüber später noch Weiteres zu sagen
sein wird.
Der deutsche König führte in diesem Zeitabschnitte den
Kaisertitel ohne päpstliche Krönung. Karl V. war der letzte
deutsche König, der sich in Bologna, nicht in Rom, vom Papste
krönen ließ. Seit Ferdinand I. lautete der Titel „erwählter
römischer Kaiser", wozu noch der von seinen Erbländern ent-
lehnte weitere Titel kam. Die Wahl geschah bis zuletzt nach den
Vorschriften der Goldenen Bulle. Wahl und Königskrönung
erfolgten seit Ferdinand I. am Wahlorte Frankfurt a. M. (nicht
mehr zu Aachen) mit all dem Gepränge, den Aufzügen und Be-
lustigungen, wie es später Goethe geschildert hat. Seit 1520
beschwor der König vor der Wahl die Wahlkapitulation, in der
sich die Kurfürsten Z ihre landeshoheitlichen Rechte sowie die der
übrigen Reichsstünde sicherten.
i) Bis zum Westfälischen Frieden blieben es die in der Goldenen
Bulle von 1356 genannten: Mainz, Trier, Köln, Böhmen. Pfalz,
Sachsen, Brandenburg. Die pfälzische Kurwürde kam nach der Ächtung
Friedrichs V. an Baiern, dem Pfalzgrafen ward aber im Westfälischen