1914 -
Berlin
: Liebel
- Autor: Engelhardt, Georg
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
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fort, deren Landesherren das privilegium de non appellando
(S. 42) verliehen worden war.
Eine einheitliche Regelung des Rechts von Reichs wegen
ist nur hinsichtlich des Strafrechts und des Strafverfahrens zu-
stande gekommen. Das darauf bezügliche Reichsgesetz, das einzige
Gesetzbuch des Reiches, ist die peinliche Gerichtsordnung Karls V.
(die Carolina). Auf dem Gebiete des Privatrechts hat die
Reichsgesetzgebung fast nichts geleistet. (Über dessen Regelung
in den Territorien siehe Seite 69). Es können nur genannt
werden die Reichsnotariatsordnung von 1512, die Reichspolizei-
ordnungen von 1530, 1548 und 1577, die Reichsabschiede von 1498
(Freiburg), 1500 (Augsburg), 1521 (Worms), 1529 (Speier) be-
treffend Fragen des Erbrechts, der Reichsschluß von 1731 über
Handwerkermißbräuche und einzelne Bestimmungen über Münz-
wesen, Wucher, Zession von Forderungen, Wechsel, Juden, Zins-
fuß und Rentenkauf.
Ein stehendes Reichsheer hat das alte deutsche Reich nicht
besessen. Wenn ein Krieg bevorstand, wurde die Aufstellung
eines Heeres aus Truppen der Reichsstände und die Bestreitung
der Kosten auf einem Reichstag beschlossen. Im übrigen half
man sich mit Söldnertruppen. Für die Zahl der von den Reichs-
ständen zu stellenden Truppen blieb die Wormser Matrikel von
1521 maßgebend, in der für einen Römerzug Karls V. die Stärke
des dem Kaiser bewilligten Heeres angegeben war. (4000 Reiter
(Reisige), 20 000 Fußknechte.) Seit 1681 übertrug man die Ver-
teilung der Truppenkontingente und deren Zusammenstellung zu
Regimentern den (10) Reichskreisen. Die Gesamtstärke wurde
auf 12 000 Reiter und 28 000 Fußknechte erhöht. Jede Mann-
schaft eines Kreises bildete ein besonderes Korps, das unter einer
eigenen Kreisgeneralität stand. Außerdem hatte jeder Kreis
einige technische Truppen und das Artilleriematerial zu be-
schaffen. An Stelle unserer heutigen Kriegsartikel bestand für
die Fußtruppen ein „Artikulbrief" und für die Reisigen die
„Reuterbestallung", die gleichfalls zu beschwören waren.
Mit den fremden Kriegsvölkern, die Deutschland über-
schwemmten, kam auch die fremde Kunstsprache zur Anwendung
im Heerwesen. Der Oberstwachtmeister wurde zum Major, der
Heerführer zum General usw.
Die Einnahmequellen des Reichs waren fast sämtlich ver-
siegt, d. h. auf die Reichsstände übergegangen. Zur Unterhaltung
des Reichsgerichts wurde eine ordentliche Steuer, die schon er-
wähnten „Kammerzieler", erhoben, bei Reichskriegen eine außer-
Engelhardt, Deutsches Staatsleben einst und jetzt. 5