1911 -
Frankfurt am Main
: Diesterweg
- Autor: Knoke, Arnold
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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lichen Einheit gerichteten Bestrebungen haben in Deutschland zunächst nur
teilweisen Erfolg gehabt: in den Einzelstaaten, den Territorien, nicht in An-
sehung des Deutschen Reiches als eines Ganzen. Die Regierungen der Einzel-
staaten sahen im 16. bis 18. Jahrhundert ihre Aufgabe darin, die ver-
schiedenen Landesteile zu einem wirtschaftlichen Ganzen zu verschmelzen,
die besonderen Kräfte der einzelnen Wirtschaftsgruppen zum Vorteil des
Gesamtstaates auszunutzen, diese anderen Staaten gegenüber wirtschaftlich
selbständig zu machen, den Güterverkehr mit dem Auslande je nach Schätzung
des Gewinnes oder des Verlustes für das eigene Land entweder fördernd
oder hemmend, bzw. hindernd zu leiten. Die Maßregeln zur Durchführung
dieser Aufgaben faßt man gewöhnlich unter der Bezeichnung Merkantil-
system zusammen.
Solche Maßregeln sind: Einführung eines einheitlichen Maß-, Gewichts-
und Münzsystems, Aufhebung der Binnenzölle, Bau von Land- und Wasser-
straßen, Förderung der in einem bestimmten Landesteil möglichen Industrien
durch Geldunterstützung oder durch Erteilung von Monopolen, Erleichterung
der Einführung der für die einheimische Industrie notwendigen aus-
ländischen Rohstoffe, Begünstigung von Exportindustrien, Erschwerung oder
Ausschließung der Einfuhr von Konkurrenzprodukten ausländischer Boden-
wirtschaft und Industrie, der Ausfuhr von heimischen Urerzeugnissen durch
Schutz- und Prohibitivzölle, bzw. durch Ausfuhrzölle und Ausfuhrverbote.
Das Streben des Merkantilsystems ist: möglichst wenig vom Ausland
zu beziehen, umgekehrt möglichst viel auszuführen, um auf diese Weise zu
erreichen, daß das Geld möglichst im Lande bleibt und sich möglichst durch
fremdes Geld vermehrt.
Dem steht gegenüber das Bedürfnis des Volkes nach Produkten, die
nur im Auslande zu gewinnen sind; dieser merkantilen Schwierigkeit ist
abgeholfen, wenn man im Besitz von solchen überseeischen Ländern ist,
welche die als Bedürfnis empfundenen Kolonialwaren zu liefern vermögen.
Die Kolonien werden in die wirtschaftliche Einheit einbezogen, durch fest
bestimmte Vorschriften wird ihre Stellung innerhalb dieser Einheit aufs
genaueste geregelt, sie liefern dem Mutterlande ihre Rohprodukte, während
dieses dort ein Monopol seiner gewerblichen Produkte durchführt —
„Kolonialsystem".
Das Gebiet, auf welches sich die Volkswirtschaft im Gegensatze zu
der Stadtwirtschaft erstreckt, ist ein so umfangreiches, daß schon aus räum-
lichen Gründen ein allgemeiner direkter Verkehr zwischen Produzenten und
Konsumenten zur Unmöglichkeit wird. Daraus ergibt sich, daß die Ver-
mittlung der wirtschaftlichen Güter eine besondere Rolle auf dieser Stufe
spielen wird. Der Handel nimmt einen ungeheuren Aufschwung. Die
Aussicht auf Gewinn aus dem Handel reizt den Unternehmer dazu an,
möglichst viel eigenes Handelskapital anzulegen, und reizt andere
Personen, durch Darbietung von Leihkapital Beteiligung am Gewinn