1911 -
Frankfurt am Main
: Diesterweg
- Autor: Knoke, Arnold
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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stalion nicht erhalten kann und wenigstens eine Fahrkarte nach einer zur
Lösung neuer Fahrkarten geeigneten Zwischenstation löst. Gepäck wird
auch abgefertigt, ohne daß überhaupt Fahrkarten vorgelegt werden. In
diesem Falle wird dann die teuere Expreßgutfracht berechnet.
Vor der Aufgabe des Reisegepäcks müssen alte Beklebezettel von den
Gepäckstücken entfernt werden. Ältere Eisenbahn-, Post- oder andere Be-
förderungszettel bilden erfahrungsgemäß vielfach die Ursache der Ver-
schleppung. Sie werden in der Regel durch die neuen Gepäckzettel über-
klebt, die dann meist nicht ordentlich am Gepäck haften, so daß sie bei der
weiteren Beförderung leicht abfallen, oder es verbleiben die alten Zettel
neben den neuen und geben dadurch zu Irrtümern Anlaß. Die Reisenden
setzen sich durch Auflieferung von Gepäckstücken mit alten Beförderungs-
zeichen nicht nur den Unannehmlichkeiten aus, welche die Verschleppung
naturgemäß mit sich bringt, sondern sie haben auch die Folgen der Nicht-
beachtung der Eisenbahn-Verkehrsordnung allein zu tragen, da die Eisenbahn
von der Haftung für den in solchen Fällen erwachsenen Schaden aus-
drücklich befreit ist. Es ist dem Reisenden zu raten, behufs Verhütung von
Verschleppungen und Verzögerungen die zur Beförderung aufzugebenden
Gepäckstücke mit voller Adresse des Empfängers — Bestimmungsort, Name
und Wohnort — in dauerhafter Weise zu versehen.
Die Auslieferung des Gepäcks erfolgt gegen Rückgabe des Gepäck-
scheins. 14 Tage lang kann man das Gepäck auf der Bestimmungsstation
— gegen 20 Pf. Lagergeld täglich — lagern lassen.
Für verloren gegangenes (auf der ^Bestimmungsstation nach Ablauf
von drei Tagen nach Ankunft des Zuges noch nicht eingetroffenes) Gepäck,
ebenso für beschädigtes Gepäck leistet die Eisenbahn Schadenersatz ent-
sprechend dem wirklichen Werte des Gepäcks.
Schadenersatz — jedoch nur bis zum Höchstbetrage von 100 Mk. —
wird ferner für Verlust oder Beschädigung von Reisegepäck gewährt, das
einer von der Eisenbahn eingerichteten Aufbewahrungsstelle über-
geben war. Kein Schadenersatz wird gewährt, wenn es sich um die in
Mänteln, Reisedecken usw. enthaltenen unverschlossenen Sachen, z. B. Tücher,
Brieftaschen usw., handelt. Hat ein Fahrgast auf einer Station, auf der
sich keine amtliche Aufbewahrungsstelle befindet, einem Eisenbahnbeamten
Reisegepäck zur Aufbewahrung übergeben, so haftet nicht die Eisenbahn,
sondern der betreffende Beamte persönlich.
Als ein Beweis, daß wir auf unser Eisenbahnwesen als den weitaus
wichtigsten Teil des Personen- und Güterverkehrswesens, im besonderen
auf die Regelmäßigkeit und Sicherheit des Eisenbahnbetriebes, ein Recht
haben, stolz zu sein, kann die Tatsache gelten, daß in anderen Haupt-
verkehrsländern durchweg mehr Eisenbahnunglücksfälle sich ereignen als in
Deutschland.