1909 -
Gießen
: Roth
- Autor: Seidenberger, Johann Baptist
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
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6. Licht- und Schattenseiten der Gebundenheit wie der Freizügigkeit.
7. Freizügigkeit begünstigt durch die Erleichterung des Verkehrs
durch die Eisenbahnen.
34. Unterstützungswohnsttz.
Betrachtet euch dies Mort, welches sind seine zwei Bestandteile?
Mas hat der Mohnsitz mit Unterstützung zu tun? Sprecht euch darüber
aus! Melche Leute wohnen im hiesigen vrmenhause? Wem gehört
das Armenhaus? (Der Gemeinde.) von wen: werden also die armen
Leute, die im hiesigen vrmenhaus wohnen, unterhalten und unterstützt?
Ost die Gemeinde hierzu verpflichtet? Melche armen Leute muß sie
unterstützen, welche Bedingungen müssen erfüllt sein? ((8 Zähre alt,
2 Zähre in der Gemeinde ununterbrochen wohnhaft, von: s. April s909
ab nur f6 Jahre alt und \ Zahr wohnhaft.)
Mar das immer so? Nun, Schäfer, wo bist du geboren, wo
wohnst du? Meiches ist nun deine bfeimatgemeiude? Der Dichter
Mar v. Scheukendorf sagt einmal: „Dem Land, wo meine Wiege stand,
ist doch kein andres gleich, es ist mein liebes Heimatland und heißt das
Deutsche Reich". Dementsprechend wäre der bseimatsort wohl der Grt,
wo meine Wiege stand. So war es auch früher; die Heimat war der
Geburtsort; es konnte einer jahrzehntelang von seiner Heimat fern
gewesen sein, kehrt er arm und gebrechlich dorthin zurück, so war er
in der Heimat und mußte von ihr unterstützt werden.
Zn unsern Schülerlisten, die alljährlich ausgefüllt werden, ist eine
Rubrik „Heimatsort der Schüler", und dabei steht der vermerk: Heimats-
ort ist Wohnort der Eltern.
Heimatsort ist also jetzt der Wohnort. Dieser Wechsel hängt init
der Gewerbefreiheit und Freizügigkeit zusammen; inwiefern? (Die
Leute verlassen in jungen kräftigen fahren ihren Geburtsort, wohnen
wo anders, zahlen an ihren Wohnort ihre Steuern, da ists billig, daß
im Unterstützungsfall der Grt sie unterstützt, wo sie gearbeitet und
Steuer bezahlt haben, nicht der Geburtsort, mit dem sie vielleicht gar
keine Verbindung mehr unterhielten.)
viele Gemeinden und Städte hatten aus alter Zeit Znvaliden-
und Armenhäuser; diese standen früher nur beit einheimischen Bürgern
offen, jetzt auch den zugezogenen Einwohnern, wenn sie den Uuter-
Dr. Seidenberger. Unrgerkunde. 7