1888 -
Wittenberg
: Herrosé
- Autor: Wolter, August
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
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Der Kronprinz hielt nämlich zu Pasewalk die Inspizierung eines
pommerschen Kürassierregiments ab. Als die Besichtigung vor-
über war, atmete man erleichtert auf, denn es hatte, wie man
sagt, alles geklappt. Da ritt der Kronprinz noch an einen
Kürassier heran und fragte: „Wie gefällt dir dein Quartier,
mein Sohn?" Der Gefragte war ein Kaufmann aus Stettin,
der freilich allerhand auf dem Kerbholz hatte und dem man
deshalb ein sogenanntes Strafquartier gegeben hatte. Sein
Pferd stand so ziemlich drei Viertelstunden vom Exerzierplatz am
anderen Ende der Stadt. Der Kürassier antwortete: „Gar
nicht. Kaiserliche Hoheit! Fensterscheiben hat die Stube nicht, ich
habe Ölpapier davor kleben müssen. Sie ist infolgedessen so
dunkel, daß ich die Thür offen lassen muß, um etwas zu sehen.
Wenn ich den Helm aufsetze, stoße ich an die Decke. Neues
Stroh für das Bett habe ich seit sechs Monaten nicht erhalten."
„Haben Sie das gehört, Herr Rittmeister?" wandte sich der
Kronprinz an den Führer der Schwadron. „Das ist ja eine
recht nette Bude; die muß ich mir doch einmal ansehen."
Mittlerweile jagte schon ein im Geheimen Abgesandter nach dem
Musterquartier, ordnete seine bestmögliche Instandsetzung an und
griff sogar selbst zum Besen, um die Spinngeweben von Decken
und Wänden herunterzufegen. Doch schon ritt der Kronprinz
in den Hof ein, hinter ihm der Oberst, der Rittmeister, der Wacht-
meister, der Berittunteroffizier und der Bewohner der Stube.
Von diesem geführt, erschien der Kronprinz in der Stube und
befahl: „Lege dich mal in dein Bette, wie du da gehst und
stehst!" Die alte Bettstelle krachte in allen Fugen. „Jetzt setze
dir den Helm auf!" Der Mann konnte in der That nicht auf-
recht stehen. Nun brach das Unwetter los. Beim Gehen wandte
sich der Kronprinz noch einmal an den Kürassier: „Sollte dir
etwas geschehen, mein Sohn, so weißt du, wo ich wohne; in
Berlin, Unter den Linden."
Ein Weihnachtsgeschenk.
Im Jahre 1863 besuchte der damalige Kronprinz das
Lazarett der Kadettenanstalt und fand unter anderen auch einen
Zögling „fieberkrank infolge von Nikotin-Vergiftung", wie die
über dem Bette hängende Tafel nachwies. D. h. der Kadett
hatte zu viel geraucht, und rauchen sollen Kadetten überhaupt
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