1896 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Kahnmeyer, Ludwig, Schulze, Hermann
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Realienbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Braunschweig
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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4. Als Landesvater. Bei all den Kriegsunruhen vergaß der große Kur-
fürst nicht, immerdar aufs treuste für das Wohl seines hartbedrängten Volkes zu
sorgen. In jeder Weise suchte er dem verwüsteten Laude aufzuhelfen. Dem
Landmanne verschaffte er Vieh und Saatkorn, und in die entvölkerten Gegenden
zog er Ansiedler aus Holland und der Schweiz, die den sandigen und sumpfigen
Boden der Mark in fruchtbare Felder und Gärten umwandelten. Von jedem
Bauer verlangte er, daß er bei seinem Hause einen Garten anlegte, und keiner
sollte heiraten, wenn er vorher nicht wenigstens 6 Obstbäume gepfropft und ebenso
viel Eichbäume gepflanzt hätte. Um die Steuerlast in den Städten gleichmäßiger
zu verteilen, führte er hier die Verbrauchssteuer ein, d. h. für alles eingeführte
Fleisch und Mehl mußte an den Thoren eine Abgabe gezahlt werden.
Bis dahin hatten nur die Grundbesitzer Steuern gezahlt, die Mieter aber waren
steuerfrei, auch wenn sie noch so reich waren. Da diese Steuer die Hausbesitzer sehr drückte,
so hatten viele keine Lust, ihre im 30 jährigen Kriege zerstörten Häuser wieder aufzubauen.
Das wurde nun anders. Die Grundsteuer wurde in den Städten abgeschafft, nur auf dem
Lande blieb sie. Die Städter bekamen daher wieder Lust, Häuser zu bauen. In Berlin
allein entstanden in 12 Jahren 150 neue Häuser.
Um den Handel zu heben und den armen Leuten Verdienst zu schaffen, ließ
er die Oder mit der Spree durch den Friedrich-Wilhelms-Kanal verbinden. Auch
ließ er Webereien, Gewehrfabriken, Glashütten, Eisenhämmer und Tabaksfabriken
erbauen. Durch Verbot ausländischer Waren schützte er das heimische Gewerbe.
Für die Armen und Obdachlosen ließ er ein Armen- und Spinnhaus errichten,
wodurch in Berlin der Anfang zur Armenpflege gemacht wurde. — Besonders
auch strebte er danach, sein aus vielen verschiedenartigen Gebietsteilen zusammen-
gesetztes Land zu einem Einheitsstaate umzugestalten. Unter schweren Kämpfen
brach er die Sonderrechte der einzelnen Provinzen, so daß zuletzt in ganz Branden-
burg nur sein Wort, sein Wille galt.
5. Gründung des Postwesens. Der große Kurfürst ist auch der eigentliche
Schöpfer des brandenburgischen Postwesens. Früher wurden die Briefe meistens
durch besondere Boten befördert. (S. 8). Ein Brief von Berlin nach Köln
kostete damals über 30 Jk Die Boten aber wurden nicht selten von Räubern
oder Wölfen überfallen, kamen auch im Winter beim Schneetreiben um. Der
Kurfürst richtete 1646 die „reitende Post" zwischen Berlin und Königsberg solvie
von Berlin nach Hamburg ein. Reitende Boten — später Fahrposten —
beförderten nun gegen eine mäßige Taxe die Briese von einer Station zur andern.
Alle 14 Tage fuhr auch eine Post nach Dresden ab. — Ans dieser alten
brandenburgischen Post hat sich nach und nach die deutsche Reichspost entwickelt.
6. Der große Kurfürst wird unabhängiger Herzog in Ostpreußen. Seit
1618 besaßen die Kurfürsten von Brandenburg Ostpreußen als polnisches Lehen.
Zur Zeit des großen Kurfürsten entstand zwischen Polen und Schweden Krieg.
Der König von Schweden siegte über Polen und nötigte den Kurfürsten, ihn
als Lehnsherrn in Ostpreußen anzuerkennen und sich mit ihm zu verbünden.
Der Polenkönig, darüber entrüstet, drohte dem Kurfürsten, ihn in einen Kerker
werfen zu lassen, wo ihm weder Sonne noch Mond scheine. Friedrich Wilhelm
aber rückte in Gemeinschaft mit den Schweden gegen die Polen vor, und so
kam es zu der dreitägigen Schlacht bei Warschau, wo die Polen eine voll-
ständige Niederlage erlitten. In dem endlich zu Oliva (bei Danzig) abgeschlossenen
Kahnmeyer u. Schulze, Geschichte für braunschweig. Schulen. 5