1898 -
Gera
: Hofmann
- Autor: Polack, Friedrich
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Einfache Schulverhältnisse
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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An seinem 18. Geburtstage führte ihn sein Großvater, Kaiser Wilhelm I.,
als Offizier in die Garde ein. Seine herzliche Ansprache schloß er mit den
Worten: „Nun geh und thu deine Pflicht, wie sie dir gelehrt werden wird. Gott
sei mir dir!" Auf der Hochschule in Bonn studierte der Prinz die Rechts- und
Staatswissenschaft. Der große Reichskanzler Fürst Bismarck führte ihn in die
Staatskunst, andere geschickte Beamte in alle Zweige der Verwaltung ein. So
war er wohlvorbereitet auf sein hohes Amt, als ihn Gott auf den Thron berief.
4. Er bestieg als König von Preußen und deutscher Kaiser den
Thron am 15. Juni 1888 in seinem 30. Lebensjahre. Seine Gestalt
ist mittelgroß und kräftig. Durch körperliche Übungen hat er sich abgehärtet und
auch die Schwäche seines linken Armes vermindert. Er hat blaue Augen,
blondes Haar und einen blonden Schnurrbart. Sein Gesicht sieht meist ernst
aus. Seine Rede ist bestimmt und klar. In seiner ersten Ansprache gelobte er,
„seinem Volke ein gerechter und milder Fürst zu sein, Frömmigkeit und Gottes-
furcht zu pflegen, den Frieden zu schirmen, die Wohlfahrt des Landes zu fördern,
den Armen und Bedrängten ein Helfer, dem Rechte ein treuer Wächter zu sein."
Am 25. Juni 1888 versammelten sich die deutschen Fürsten und Volksvertreter
um den neuen Kaiser in Berlin. Fest und würdevoll trat er auf im Kaiser-
schmuck, und bedeutsame Worte sprach er. Stolz und glücklich sahen alle Deut-
schen, daß das geeinte neue Reich nun sicher gegründet war.
5. Er sucht den Frieden zu erhalten. Viele dachten, der junge Kaiser
würde als eifriger Soldat nach Kriegsruhm trachten. Er aber sprach: „Gott be-
wahre mich vor solch sündhaftem Leichtsinn! Ich bin entschlossen, Frieden zu
halten mit jedermann, so viel an mir liegt." Um des Friedens willen unternahm
der Kaiser viele Reisen zu benachbarten Fürsten und befestigte dadurch das Band
der Freundschaft zwischen Fürsten und Völkern. Eine besondere Bürgschaft des
Friedens ist der Dreibund zwischen Deutschland, Österreich und Italien, eine
friedliche Erwerbung die Insel Helgoland vor der Elbmündung.
Doch nur der Starke kann den Frieden erhalten. Darum verwendet der
Kaiserden größten Fleiß auf die Ausbildung der Armee und der Flotte. Auch
um das Schulwesen bekümmert er sich eifrig, damit sein Volk durch eine ge-
sunde Bildung geschickt, gesittet und glücklich werde.
6. Er sorgt für die Arbeiter. Unter den besitzlosen Arbeitern, die sich
nur durch ihrer Hände Arbeit nähren, herrscht oft Not, besonders wenn sie keine
Arbeit finden, krank und alt werden. Mehr und mehr entstand unter ihnen eine
große Unzufriedenheit, die von Aufhetzern geschürt wurde. Das ging dem Groß-
vater unseres Kaisers zu Herzen, und er beschloß, die Not des armen Mannes
durch wohlthätige Gesetze zu lindern. Er veranlaßte durch eine Botschaft den
Reichstag, Gesetze zum Schutze der Arbeiter zu beraten. Kranke Arbeiter
sollten verpflegt und unterstützt, verunglückte unterhalten, alte und erwerbs-
unfähige mit einem Jahrgelde bedacht werden. Zwei dieser Gesetze führte der
gute alte Kaiser zum Segen der Arbeiter aus. Das dritte wurde noch beraten,
als er starb. In seine Fußstapfen ist nun sein Enkel, unser Kaiser, getreten.
Erkrankte Arbeiter erhalten unentgeltlich Arzt und Arzenei und werden nach
dem Krankenkassengesetz unterstützt. Nach dem Unfallversicherungs-
gesetz werden alle Verunglückten unterhalten, die durch Unglücksfälle bei der
Arbeit arbeitsunfähig werden. Nach dem Altersversicherungs- und Jn-
validengesetz erhalten alte und dienstunfähige Arbeiter ein lebenslängliches
Jahrgeld. Wie jeder Mensch die Pflicht zur Arbeit hat, so soll er auch ein
Recht auf Schutz und Sicherung seines Loses haben. Wegen seiner Fürsorge für
die Arbeiter haben viele unserm Kaiser den Ehrennamen „Ärbeiterkaiser"gegeben.