1894 -
Leipzig
: Voigtländer
- Autor: Giese, August
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
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unseren überseeischen Handel zu schützen, unsere Küsten zu ver-
teidigen und die feindliche Flotte abzuwehren oder zu schlagen.
Die Schiffe sind je nach ihrem Zweck verschieden: Panzer-
schiffe, Kreuzer, Avisos, Torpedoboote. Ebenso zerfallt die Be-
mannung jedes Schiffes nach ihrer Ausgabe in Matrosen,
Maschinisten und Marinesoldaten.
Die Flotte steht unter dem all e i n i g e n Oberbefehl des
Kaisers. Die aktive Dienstpflicht dauert 3 Jahre, die Reserve-
zeit 4, die Seewehr 1. Aufgebotes 5 Jahre, die Seewehr 2. Auf-
gebotes bis zum 39. Lebensjahr. Den Befehl über die Flotte
führt der vom Kaiser ernannte kommandierende Admiral.
Kriegshäsen sind Kiel und Wilhelmshaven. Die Flagge der
Kriegsflotte ist weiß mit einem schwarzen Kreuz und hat in der
Mitte den preußischen Adler, die Flagge der Handelsflotte ist
schwarz-weiß-rot.
Wir Deutschen sind durch unsere Lage im Herzen Europas,
ringsum von verschiedenen und zum Teil feindlichen Völkern
eingeschlossen, zu unserem Schutze wesentlich aus das Land-
heer angewiesen. Die Marine besteht noch nicht lange und
kommt an Größe und Bedeutung dem Landheer nicht gleich.
Unsere Lage ist es auch, die uns nötigt, unser ge-
samtes Militär wesen aus das beste auszubilden, um zu
jeder Zeit und nach allen Seiten hin, sei es am Rhein oder an
der Weichsel, einem Angriffe standhalten zu können.
Da zur Kriegführung gewaltige Geldmittel erforderlich
sind, hat das Reich aus der französischen Kricgskosten-Entschä-
digung einen Reichskriegsschatz von 120 Millionen Mark
gebildet, der in barem, gemünztem Golde im Juliustnrm zu
Spandau aufbewahrt wird.
Auch die übrigen Großmächte haben ihr Kriegsheer auf eine gewal-
tige Höhe gebracht, wie denn gegenwärtig die einzelnen Staaten besonders
auf militärischem Gebiete einander zu übertreffen sich bemühen. Es möge
genügen, zum Vergleiche die Friedens- und die Kriegsstärke der wichtigsten
europäischen Heere anzuführen:
Friedensstärke der europüi ichen Gro zmächte 1893:
Infanterie Kavallerie Artillerie Pioniere und Eisenbahn- truppen (mit Train und beson- deren For- mationen) Summa
Deutschland: 381 000 65 000 81000 19 000 557 000
Frankreich: 329 000 73 000 74 000 13 000 544000
Europ. Rußl.: 492 000 109 000 99 000 19 000 751 000
Österr.-Ungarn: 179 000 47 000 33 000 10 000 318 000
Italien: 139 000 24 000 31000 8 000 233 000
Großbritannien: 142 000 18 000 36 000 7 000 217 000
Türkei: 98 000 30 000 33 000 4 000 183 000