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1. Lernbuch der Staatsbürgerkunde - S. 29

1915 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
Landtag und Reichstag. — Wahlverfahren. 29 Preußen. Deutsches Reich. 24. Wie ist das Wahlverfahreu zu beurteilen? B e i m Abgeordnetenhaus. 1. Daß alle Bürger, auch die, die keine Steuern zahlen, die also nicht so viel Interesse am Staat zu haben pflegen, wie die anderen, daß vor allem diejenigen, die ihren Wohn- sitz ändern und leicht wegziehen können, ebenso wählen dürfen wie alle die, welche Steuern zahlen und einen festen Wohnort und Grundbesitz haben, ist wohl zu weitgehend. Anderseits würde durch Beschrän- kung des Stimmrechts der unbemit- telten, unteren Volksklassen die libe- rale Richtung geschwächt und die konservative gestärkt. 2. Daß nur der „Geldbeutel" den Ausschlag gibt, wird außerdem gerügt. Wohl ist zu beachten, daß dies das älteste und leichteste Wahlverfahren ist und alle diejenigen, die die meisten Pflichten haben, auch die meisten Rechte haben dürfen, da sie ja auch mehr Interesse am Staatsleben haben. Aber daß Alter, Bildung und Grund- besitz nicht besonders geweitet werden, ist doch wohl ein Fehler. 3. Auch die Art der Wahl ist an- zufechten. In Kassel wählten z. B. in einem reichen Bezirk in der I. Kl. ein Herr mit 73000 M. Steuern Ii. „ 10 Herren „ 5000 „ „ Iii. „ alle anderen. Dagegen in einem armen Bezirk in der I. Klasse 20 Herren mit 73 Mark, Ii. „ 100 „ „ 37 „ Iii. „ alle anderen. 4. Die öffentliche Wahl ist wohl die idealste, aber da die meisten Wähler nicht unabhängig sind, werden sie leicht wirtschaftlich geschädigt. Beim Reichstag. Hier gilt dasselbe wie in Preußen. Das allgemeine gleiche Wahl- recht wird vor allem noch beanstandet, weil die Wahl geheim ist. Bis- marck wollte öffentliche Wahl, aber der Reichstag setzte die geheimewahl durch. Bismarck glaubte, letzterer würde durch das Reichstagwahlrecht „zum Brennpunkt des nationalen Einheits- gefühls", er wollte hierdurch den nationalen Sinn erziehen und stärken. Er glaubte, es sei nötig, gegen den Partikularismns der Fürsten; in Wirk- lichkeit hat der Bundesrat die allge- meinen deutschen Interessen mehr ver- treten als der Reichstag, der zu sehr Parteiinteressen vertrat. Ein so weit- gehendes Wahlrecht, das einer demo- kratischen Verfassung entnommen ist (Fr. 22), erfordert ein politisch ge- bildetes Volk. Eine Übertragung desselben auf Preußen wäre daher nicht gut. Getadelt wird außerdem, daß das Reich immer noch 397 Wahlkreise hat, trotzdem Deutschland über 60 Mil- lionen Einwohner hat. Freilich haben die Städte — die doch am meisten Steuern bezahlen — zu wenig Abgeordnete (Berlin nur sechs), aber dort ist auch die beweg- liche Bevölkerung, und den Grund- besitz hat das Land, das außerdem hauptsächlich die Wehrpflicht leistet.
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