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1. 1870 - 1914 - S. 38

1918 - Halle (Saale) : Gesenius
38 Weltreich, das ich mir geträumt habe, soll darin bestehen, daß vor allem das neuerschaffene Deutsche Reich von allen Seiten das absolute Ver- trauen eines ehrlichen, friedliebenden Nachbarn genießen soll, und daß, wenn man dereinst vielleicht von einem deutschen Weltreich in der Ge- schichte reden sollte, es nicht auf Politik begründet sein soll durch das Schwert, sondern durch gegenseitiges Vertrauen der nach gleichen Zielen strebenden Völker." Deutlicher konnte nicht betont werden, daß die deutsche Weltmachtpolitik nur auf friedlichem Weg ihr Ziel erreichen, daß sie nur die Handelsfreiheit für die Zukunft sich sichern, daß sie, wie man sagt, den Grundsatz der „offenen Türe" aufrecht erhalten wollte. Die Erwerbung von Landbesitz in Marokko lehnte die deutsche Ne- gierung stets ab, auch gegen eine bloße Vormachtstellung Frankreichs hatte sie nichts einzuwenden, da Nordafrika ja französisches Kolonial- gebiet ist und wir uns in Marokko nicht halten können. Wenn aber Frankreich selbst seinem Freund England 1904 nur für 30 Fahre Handelsfreiheit gestattete, so hatte Deutschland für seinen Handel gar keine Freiheit zu erwarten, sobald Marokko französischer Besitz war. Darum mußte Deutschland eingreifen, ehe dies geschah. Warum war und ist die Erschließung überseeischer Gebiete, die Politik der offenen Türe für Deutschland so nötig? Da unsere Volkszahl und Industrie immer mehr wuchs, mußten wir neue Bezugs- und Absatzgebiete suchen. Nun gab es aber in der Welt nur noch wenige Staaten, die selbständig waren und in denen die freie wirtschaftliche Betätigung Deutschlands möglich war. Alle die Länder, die anderen Großmächten gehören, ziehen natürlich Landes- angehörige den Fremden vor und erschweren diesen die Erschließung ihres Gebietes und den freien Handel. Am so größeren Wert mußte — und muß — Deutschland darauf legen, daß die noch nicht unter- worfenen Länder, z. V. Marokko, Persien, China, für die Entfaltung seiner wirtschaftlichen Tätigkeit frei blieben, daß der Grundsatz der offenen Türe gewahrt blieb, d. h. daß die Türen in das Land für es offen gehalten wurden. Daß wir hierbei mit anderen Völkern, die ebenfalls in dem betreffenden Land Handel trieben, aneinander stießen, brachte die Sache mit sich und kann uns nicht zum Vorwurfe gemacht werden. c) Sturz Delcasses. Sobald sich also die deutsche Regierung davon überzeugt hatte, daß die Gleichberechtigung Dcutschands in Marokko bedroht war, brachte sie durch Kaiser Wilhelms Landung in Tanger zum Ausdruck, daß sie ein unabhängiges Land und die Gleichberechtigung aller Mächte verlange. Deutschland wählte diese Form des Einspruches, weil es damit aller Welt, die schon damals von England und Frankreich gegen uns verhetzt wurde, kund tun wollte, was es in Marokko wollte. Am 11. April 1905 schlug es den Mächten die Einberufung einer neuen Marokkokonferenz vor. Als Frankreich ängstlich wurde, versprach ihm die englische Regierung Ende Mai 1905 seine Unterstützung im Fall eines Krieges. Delcasso wollte es daraufhin auch zum Krieg kommen
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