1903 -
Leipzig
: Dürr
- Autor: ,
- Hrsg.: Wohlrabe, Wilhelm
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Militärkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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weniger gefahrvoll war. Neben weiteren Versuchen und Ermittelungen
in der Waffenfabrikation baute Dreyse auch eine Dampfmaschine, die
neben einer Verringerung des Maschinenraumes auch eine wesentliche
Ersparnis an Brennmaterial herbeiführen sollte; anstatt des Dampf-
kessels benutzte er eine vielfach gekrümmte Röhre, einen sogenannten
Erzeuger, und wendete statt des Wassers Spiritus zur Dampferzeugung
an. Diese Erfindung wurde von der Königlichen Regierung sehr günstig
aufgenommen, 1824 patentiert, und wäre vielleicht mit Erfolg gekrönt
gewesen, wenn sich nicht Dreyse seinem Lieblingsfache, der Waffenfabri-
kation zugewandt hätte. Er setzte seine Gewehrversuche fort und trat
hierauf zum Zwecke der Verwertung seiner Erfindung in Unterhandlung
mit der preußischen und später mit anderen Regierungen des deutschen
Staatenbundes. Die meiningische Regierung erbot sich zur Erteilung
eines Patentes, Dänemark zum Ankauf der Erfindung; der österreichische
Gesandte in Berlin erklärte aber bei einem Angebot, daß er keinen
Gebrauch von der Waffe machen könne, „es gäbe ja in Wien auch noch
gescheute Leute!" Als Dreyse seine Erfindung auf Grund einer Auf-
forderung der königlichen Regierung in Erfurt beim Ministeriunl in
Berlin einreichte, wurde ihm durch den Kriegsminister von Hake mit-
geteilt, daß seine Waffe nicht kriegsbrauchbar befunden worden wäre.
Allein als Dreyse 1829 dem Prinzen Wilhelm von Preußen in Weimar
sein Zündnadelgewehr vorlegte, wobei der Prinz sehr großes Interesse
zeigte, erhielt der Erfinder am 2. März 1830 vom Kriegsminister
von Hake den Auftrag, ein Zündnadelgewehr zu weiteren Versuchen an
das Kriegsministerium abzugeben, und vor allen Dingen wurde die Sache
gefördert durch den Kapitän von Priem vom 20. Regiment, der sich
beim Durchmarsch seines Bataillons durch Sömmerda genau über das
Gewehr informiert und den General von Thiele mit seinen Ermittelungen
betraut gemacht hatte. In den Jahren 1830—1833 wurden nun auf
Anordnung des Ministers Witzleben eine Reihe von Prüfungen mit
größeren Partien von Gewehren in Sömmerda, Erfurt und Berlin
angeordnet, wobei als Kommissionsmitglieder 14 Offiziere und als
Dreyses Vertreter der spätere Königliche Oberrevisor Rudolf Dreyse,
der Bruder des Erfinders, tätig waren. Während der Ausführung
dieser Versuche konstruierte Dreyse ein Geschütz mit Zündnadeleinrichtung,
bei dessen Prüfung der Artilleriehauptmann Pommerenicke tätigen Anteil
nahm. Infolge weiterer Untersuchungen entstanden Zündnadelwall-
gewehre und Explosionsgeschosse, das sogenannte Trauben-, das Zylinder-
und aus dessen Vervollkommnung das später gebräuchliche Zündnadel-
Militürgewehr. Aus weiteren Befehl des Königlich preußischen Kriegs-
ministeriums wurde eine größere Partie sowohl neuangefertigter als
umgeänderter Zündnadel-, Trauben- und Zylindergewehre einer ein-
gehenden Prüfung unterworfen.