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1911 -
Berlin
: Hansa-Bund für Gewerbe, Handel und Industrie
- Autor: Kleefeld, Kurt
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
— 207 —
eingehändigt werden. Sie werden vom Arbeitgeber unter Mitwirkung
der Arbeiter direkt oder eines Arb ei ter auss chus s es erlassen.
Die Ausschüsse gehen aus geheimen und direkten Wahlen der Arbeiter
hervor. Besondere Bestimmungen regeln die Frauen - und Kinder-
arbeit in Fabriken und diesen gleichgestellten Anlagen.
Frauen (Arbeiterinnen) dürfen nicht über 11 Stunden täg-
lich und weder bei Nacht noch unter Tags in Bergwerken beschäftigt
werden (Maximalarbeitstag S. 206). Sie haben ferner Anspruch auf
eine Mittagspause von einer Stunde und wenn sie ein Hauswesen zu
versehen haben von 1 i/a Stunde. Sie dürfen vor und nach ihrer
Niederkunft im ganzen 8 Wochen, nach der Niederkunft mindestens
6 Wochen nicht tätig sein.
Kinder sind jugendliche Arbeiter bis zu 14 Jahren, vom
14.—16. Jahr heißen sie junge Leute. Noch nicht 13 jährige oder
noch schulpflichtige Kinder dürfen in Fabriken nicht beschäftigt
werden. Die Beschäftigung darf bei Kindern bis 14 Jahren 6 Stunden,
bei „jungen Leuten“ 10 Stunden nicht übersteigen. Außerdem sind
Arbeitspausen vorgeschrieben.
Für über 16 Jahre alte männliche Personen gelten die allgemeinen
Vorschriften (S. 203). Mit der Kinderarbeit in gewerblichen Betrieben
aller Art, mit Ausnahme der landwirtschaftlichen, beschäftigt sich das
Ki nde r s c hu t z g e s e tz vom 30. März 1900 (Rgbl. 113).
Im Sinne dieses Gesetzes sind Kinder die noch nicht 13jährigen
oder noch schulpflichtigen Knaben und Mädchen. Es unterscheidet
hierbei zwischen eigenen (verwandten, angenommenen, bevor-
mundeten) und fremden Kindern, verbietet die Beschäftigung
solcher Kinder in gewissen Betrieben überhaupt und trifft im übrigen
für die verschiedenen Betriebe einzelne Bestimmungen. Die Be-
schäftigung fremder Kinder erfolgt nur nach vorheriger Anzeige bei
der Polizeibehörde und Lösung einer Arbeitskarte.
Für die Aufsicht über die Ausführung der Bestimmungen für die
Sonntagsruhe (S. 206) (ausgenommen im Handelsgewerbe), den
Schutz von Leben, Gesundheit, Sittlichkeit der Arbeiter (S. 205), ferner
für die Aufsicht in Fabriken und diesen gleichgestellten Anlagen
(Arbeitsordnungen, Arbeiterausschüsse, Frauen- und Kinderarbeit)
bestehen die Gewerbeaufsichtsbeamten (Fabrikinspektoren)'.
Besondere Gewerbegerichte sind durch das Gerichtsverfas-
sungsgesetz (S. 198) zugelassen. Sie entscheiden in gewerblichen
Streitigkeiten zwischen Arbeitern und ihren Arbeitgebern oder Mit-
arbeitern und schließen insoweit die ordentlichen Gerichte aus. Ihre
Errichtung erfolgt durch Kommunalstatut oder auf Anordnung der
Landeszentralbehörde (Minister). Sie bestehen aus einem Vorsitzen-