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1914 -
Kempten [u.a.]
: Kösel
- Autor: Seidenberger, Johann Baptist
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
Vi. Der Rechfsschui} im Unnern; die Rechts-
ordnung.
Der Schutz nach außen ist die erste Aufgabe jedes
staatlichen Gemeinwesens, eine andere über ist ihr gleich:
der Schutz nach innen.
Das Nebeneinander der Menschen, ihr Streben nach
demselben Ziel der Selbst- und der Arterhaltung bedarf
einer festen Regelung, weil ohne eine solche die ein-
zelnen Bemühungen sich hemmen, durchkreuzen und auf-
heben würden. In einfachen Verhältnissen schassen
Religion und Sitte diese Regelung. „Mehr als ander-
wärts die Gesetze, vermögen dort die guten Sitten",
rühmt Tacitus von den Germanen. Bei entwickelteren
Verhältnissen, wo sich die Menschen fremder gegenüber-
stehen, reicht die Sitte nicht mehr aus, da müssen Ge-
setze und die nach den Gesetzen urteilende Rechtsprechung
festere Richtlinien schaffen. „Ein Oberhaupt muß sein,
ein höchster Richter, wo man das Recht mag finden
in dem Streit." Doch darf auch die Rechtsordnung ihre
tiefere Begründung nicht verleugnen, und mit weisem
Bedacht führen die alten Kulturvölker das Recht zurück
auf göttlichen Ursprung. „Themis selber führt den
Reigen, und mit dem gerechten Stab mißt sie jedem
seine Rechte, setzet selbst der Grenze Stein, und des
Styx verborgene Mächte ladet sie zu Zeugen ein." Und
bedeutungsvoll sagt Rösselmann im Tell: „Doch Gott
ist überall, wo man das Recht verwaltet." Man unter-