1912 -
Leipzig
: Wunderlich
- Autor: Bessiger, M. Alfred
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Unterrichtstheorie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Ideale, nicht nur für notwendig und schön, sondern bin auch der
Meinung, 'daß wir sie bei all unserem Tun vor Augen und im
Herzen haben sollen, daß sie all unser Streben durchwärmen müssen
wie die Sonne den Acker. Ich halte auch ein Zusammenleben der
Menschen ohne allen Zwang für einen schönen Gedanken und des
Schweißes der Edlen wert; alles Kulturstreben ist auch ein Streben
nach Verminderung des Zwanges. Aber ich kann auf den Tod die
Leute nicht leiden, die immer mit zwei Schritten beim letzten Ideal
sind und so tun, als wenn die Menschen in drei Tagen das Paradies
fertig haben könnten, wenn sie nur wollten."
Ausgehend von der Erkenntnis, daß der Wissensschatz, den die
Schule, ob Lern-, ob Arbeitsschule, auf jeden Fall ihren Zög-
lingen vermitteln muß, immer nur einen Teil des heute bei
jedem halbwegs Gebildeten erwarteten Allgemeinwissens bildet, daß
ferner die geistige Aneignungsfühigkeit des Menschen im Kindes-
alter geradezu enorm ist, kann man sich nicht mit der Meinung
befreunden, daß das Minimum der in der Schule zu erwerbenden
Kenntnisse zu hoch geschraubt sei. Die Hauptsache bleibt immer
die Erarbeitung dieses Minimums auf dem richtigen Wege,
den Gesetzen der Anpassung und geistigen Entwickelung entsprechend.
Die zwangsmäßige Bewältigung des Stoffes mußte von Anfang an
zur Schädigung des kindlichen Körpers und Geistes führen, da ein-
mal dem unentwickelten Körper jede Gelegenheit „zu dem ihm not-
wendigen Lage- und Stellungswechsel" (Arbeitsschule, Leipziger
Lehrerverein), sodann aber auch die Möglichkeit, „geistige Span-
nungen durch körperliche Äußerungen zu entladen" (Ebenda!),
unterbunden wurde. So stand der gesamte Unterricht ausnahms-
los unter dem Signum der Arbeitsunlust, die eine beispiellose In-
teresselosigkeit der Kinder an allem Schulstosf (trotz der vielen Ge-
waltmittel und -mittelchen, die Stoffe interessant zu gestalten) und
eine in keinem Stande so wie unter der Lehrerschaft auftretende
Erscheinung zeitigte, die „Steckenpferdreiterei", über die Scharrel-
mann in seinem Buche „Weg zur Kraft" also klagt: „Der eine
,treibt' in seinen Mußestunden Literatur, dichtet heimlich oder
unheimlich, der andere preßt Pflanzen, spießt unschuldige Käfer
auf Nadeln, baut zierliche Dynamos und Induktionsmaschinen,
der eine studiert höhere Mathematik, der andere Grammatik der
Hottentottensprache. Es gibt keinen Sport, keine Kunst und keine
Wissenschaft, die nicht ihre zahlreichen Vertreter unter den Schul-
leuten haben. Dabei soll ganz abgesehen werden von den Pedal-
drückern, Zeitungsberichterstattern und anderen verwandten Be-
rufsgenossenschaften. Es ist ein Jammer, der zum Himmel schreit!
Wenn alle die Kraft, die ,unsere Leute' nach 4 Uhr entwickeln, nur
zum zehnten Teile der Schule zugute käme!-----------" Auch mich