1894 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Mittenzwey, Louis
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule, Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13, Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
20 Der Staat und seine Verfassung (Fortsetzung).
Domstifte rc) eine besondere Berücksichtigung finden. Die ersten
Kammern bilden mehr das stetige (konservative) Element, die
zweiten mehr das bewegliche. Das Zweikammersystem gilt in
Preußen, Sachsen, Bayern, Württemberg, Baden, Hessen und
Lippe-Detmold, das Einkammersystem in den übrigen Staaten.
Die beiden Mecklenburg haben jedoch keine Volksvertretung,
dort ist die Staatsform eine bloß durch die Ritterschaft und die
sogenannte Landschaft beschränkte Monarchie, so wie es im
Mittelalter aller Orten war. In den freien Städten teilt sich
die gesetzgebende Gewalt zwischen Senat und Bürgerschaft. Das
Reichsland hat einen Landes-Ausschuß mit dem Rechte, Gesetze
vorzuschlagen.
b) Wahl. Gewählt werden nach einzelnen Verfasiungen
die Abgeordneten aus dem ganzen Volke, nach andern nur aus
den Kreisen ihrer Wähler heraus durch Wahlmänner (direkte
und indirekte Wahl). Man unterscheidet ein aktives Wahl-
recht, das ist die Befugnis, zu wählen, und ein passives
Wahlrecht, das ist die Fähigkeit, gewählt zu werden. Niemand
kann Mitglied beider Kammern sein. Damit nur wirklich Wahl-
berechtigte zur Wahl kommen, wird für jede Gemeinde ein
Verzeichnis der Wahlberechtigten (Wählerliste) angefertigt und
aufgelegt.
o) Wählbarkeit und Wahlfähigkeit. Zur Wahl be-
rechtigt ist jeder Staatsangehörige, welcher ein gewifies Aller
zurückgelegt hat*), einen bestimmten Betrag direkte Staats-
steuern bezahlt**) und in der Heimatgemeinde die Berechtigung
zu den Gemeindewahlen besitzt. Die Wählbarkeit hängt außer
den übrigen Bedingungen (Besitz der Ehrenrechte) gewöhnlich
vom erfüllten 30. Lebensjahre ab und einer mindestens drei-
jährigen Staatsangehörigkeit.***) — Stichwahl, Session, Legis-
laturperiode , Thronrede, ordentlicher und außerordentlicher
Landtag.
ä) Thätigkeit des Landtages. Dieselbe äußert sich
*) Meist das 25. Lebensjahr.
**) In Sachsen mindestens 3 Mk.
***) Oft ist auch ein bestimmter Steuersatz erforderlich, welchen der
Gewählte entrichten muß, in Sachsen 30 Mk.