1894 -
Gotha
: Behrend
- Autor: Mittenzwey, Louis
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule, Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13, Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
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Die deutsche Reichsverfassung.
sammlung die höchste Macht, so wird sie demokratische Re-
publik genannt, besitzt aber ein Ausschuß der vornehmsten Fa-
milien die höchste Macht, so ist dieselbe eine aristokratische.*)
7. Konstitution. Doch auch in den Monarchien ist noch
ein Unterschied; kann ein Monarch nach Willkür über Leben,
Freiheit und Eigentum seiner Unterthanen verfügen, ohne dabei
all ein Gesetz gebunden zu sein, wie wir es vorherrschend in
den asiatischen und afrikanischen Staaten finden, so ist es eine
Despotie. Verwaltet der Monarch die Regierung allein,
wenn auch nach Gesetzen, denen er selbst mit unterworfen ist,
so ist er ein unbeschränkter, hat das Land aber ein Gesetz
(Grundgesetz, Konstitution), nach welchem bestimmt ist, daß der
Monarch in seinen Regierungsmaßregeln durch Vertreter des
Volks (Stände — Landtag, Parlament) beschränkt ist, so
bildet das Land eine konstitutionelle Monarchie. — Was
für Verfassungen finden wir a) in Europa, b) in Deutschland?
— Welche europäischen Staaten haben keine Konstitution? —
Die deutschen Monarchen sind sämtlich durch Landstände be-
schränkt: wie heißen dieselben a) in Preußen? b) in Sachsen?
c) in England? (S. Lekt. 5.) In manchen Staaten besteht
auch das Einkammersystem.
Diese Beschränkung der Regierungsgewalt finden wir nicht
nur bei den Einzelstaaten, sondern auch bei dem deutschen Reiche,
ja auch bei den Gerneinden, wenigstens bei den größeren, deren
jede ja auch einen kleinen Staat bildet. Beispiel: Wer ist der
Höchste in unserer Stadt? — Oberbürgermeister); in kleineren
Städten heißt er kurzweg Bürgermeister (warum?) und auf dem
Lande Gemeindevorstand (Schultheiß, Schulze). Er ist in ge-
wisser Beziehung der Kopf des Gemeindekörpers. Jeder Körper
hat aber zwei Arme. Der eine Arm wird in unserer Stadt ge-
bildet durch den Rat, der andere durch die Stadtverordneten.
Im Staate finden wir dasselbe. Wer ist der Kops? (König,
Fürst), die beiden Arme sind die Regierung (Staatsbeamte) und
*) Die Einteilung in demokratische und aristokratische oder in
unmittelbare und repräsentative R. kann auch unerwähnt bleiben.
Auch von der Ochlokratie (Pöbelherrschast) ist zu schweigen, da selbige nur
der Geschichte (Revolutionsperiode) angehört.