1910 -
Langensalza
: Beltz
- Autor: Franke, Theodor, Fritzsche, Richard
- Hrsg.: Hemprich, Karl
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule, Bürgerschule, Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
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Lehrproben.
ßische Unterrichtsministerium, wenn es in den „Bestimmungen über die Neu-
ordnung des Mittelschulwesens in Preußen vom 3. Februar 1910" als Ziel
des Geschichtsunterrichts hinstellt: „Einblick in die großen Zeiten der Entwick-
lung unsers Volkes bis zur Gegenwart; Verständnis und Sinn für die
Größe des Vaterlandes und die Verdienste seiner Fürsten und hervor-
ragenden Männer auf mannigfaltigsten Gebieten".
Die Geschichte ist demnach durchgehends Staats- und Gesellschaftskunde,
jedoch die der Vergangenheit. Soll nun die Staats- und Gesellschaftskunde
der Vergangenheit für die Staats- und Gesellschaftskunde der Gegenwart
fruchtbar und wirksam gemacht werden, so hat man stets das Typische, begriff-
lich Wertvolle, lehrhaft Bleibende aus der Hülle des Einzelstoffes heraus-
zuschälen. Dafür mögen einige Beispiele gegeben werden. Zunächst
Die Phönizier.
Ihre Beschäftigungen. Die Phönizier wohnten am Meeresufer
und trieben daher Handel zu Wasser und zu Lande. Ihre Karawanen holten
aus den Hinterländern (Syrien usw.) mancherlei Waren, wie z. B. Ol, Wein,
Leinwand und Seide, Gewürze, Weihrauch und wohlriechende Kräuter. In
den phönizischen Küstenstädten lud man diese Waren und Erzeugnisse ab und
sammelte sie an oder stapelte sie auf. Dann lud man sie auf Schiffe und
schaffte sie in fremde Länder, z. B. nach Zypern, Kleinasien, Griechenland,
Italien, Ägypten, Nordafrika, Spanien. Dort tauschten sie dafür andere
Waren und Erzeugnisse ein, wie z. B. den gelben Bernstein, das glänzende
Silber und das wertvolle Zinn. Alle diese Sachen wurden in den phönizischen
Küstenstädten wieder ausgeladen und dann auf Kamele gepackt. Diese trugen
sie ins innere Asien. Dafür tauschten sie wieder andre Waren ein. So
tauschten die phönizischen Handelsleute die Erzeugnisse der verschiedenen
Länder aus und sorgten so dafür, daß ein Volk von dem Überflüsse des
andern seinen Teil erhielt.
Aber nicht alle Phönizier trieben Handel; manche singen Fische an den
fischreichen Küsten; andre bauten Schiffe für die Schiffer und Boote für die
Fischer. Andre webten bunte Gewänder; andre gewannen aus der Purpur-
schnecke die schöne rote Farbe und färbten damit Mäntel und andre Kleidungs-
stücke. Einige fertigten aus Sand, Asche und Salpeter Glas. Etliche aber
wechselten die verschiedenen Geldsorten um und borgten den einkaufenden
Handelsleuten Geld, bis diese ihre Waren wieder mit Gewinn verkauft hatten.
Das sind einzelne Tatsachen, die als solche der Vergangenheit angehören.
Die Besprechung verdichte sie folgendermaßen:
Die Phönizier waren ein H a n d e l s v o l k. Sie trieben See- und
Land- oder Karawanenhandel. Manche Waren führten sie ein und andere
aus. Sie tauschten die Erzeugnisse des Ostens mit denen des Westens aus.
So besorgten sie den Tausch der Güter zwischen verschiedenen Völkern Auf
dem Meere schafften sie die Waren mit Schiffen fort, auf dem Laude mit
Lasttieren. Sie kauften die Waren sehr billig ein und verkauften sie sehr
teuer. Durch den Handel wurden sie daher sehr reich, so reich, daß der
Prophet Jesaias sagte: „Ihre Kaufleute sind Fürsten und ihre Krämer die
Vornehmsten im Lande."
Die Phönizier waren auch ein gewerbfleißiges Volk. Die Fischer
eigneten sich die Tiere des Meeres an. Die Purpurfärber bereiteten aus