1910 -
Wittenberg
: Herrosé
- Autor: Bodesohn, August
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13, Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen, ISCED 5 – Tertiärbereich
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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beobachten werden. Da zur Übernahme eines bestimmten Pflichten-
kreises auch ein bestimmtes Matz von Kenntnissen gehört, so
fordert der Staat daher von seinen Beamten den Nachweis einer
bestimmten Summe von Kenntnissen und Fertigkeiten.
Er verlangt nun von ihnen, datz sie ihre Kräfte ausschlietzlich
in den Dienst des Staates stellen. Dafür gewährt er ihnen den
Lebensunterhalt in Form von Gehalt. Da dem Beamten nicht
möglich ist, von demselben Ersparnisse zurückzulegen, von deren
Zinsen er im Alter leben könnte, so erhält er für die Zeit der
Arbeitsunfähigkeit Pension oder Ruhegehalt.
Dieses beträgt nach zehn Jahren Dienstzeit 20/60 des Gehalts
und steigt bis zu 30 Jahren um je 1i60, von da ab bis zum
40. Dienstjahre um je 1i120, so datz mit diesem Zeitpunkte die
Höchstpension oder 45/60 des Gehalts erreicht ist. Mit 65 Jahren
kann der Beamte jederzeit freiwillig aus dem Amte scheiden oder
von der Behörde gegen seinen Willen pensioniert werden. Kriegs-
jahre zählen doppelt.
Die Witwen erhalten 2/5 von der Pension des Mannes,
Waisen erhalten bis zum 18. Jahre, wenn die Mutter lebt, % der
Witwenpension, sonst % davon.
Autzerdem erhalten Witwen und Waisen oder auch An-
gehörige, die von dem Verstorbenen unterhalten wurden, autzer
dem Sterbemonat noch Gehalt und Pension während eines
Gnadenvierteljahres.
Die Beamten sind Staatsbürger wie jeder andere, der Staat
fordert jedoch noch besondere Pflichten von ihnen.
Mitzbrauchen sie ihre Amtsgewalt, so werden sie bestraft.
Er schützt sie andererseits in der rechtmätzigen Ausübung
ihres Amtes und bestraft Widerstand als Widerstand gegen die
Staatsgewalt.
Von jedem Beamten fordert der Staat auch autzerhalb der
beruflichen Tätigkeit ein achtungswertes Verhalten und eine an-
ständige lautere Gesinnung. Daher werden unlautere Elemente
entweder nicht zugelassen oder ausgeschlossen.
Der Beamte hat Verschwiegenheit zu beobachten in bezug auf
alle ihm in seinem Amte zur Kenntnis gekommenen Tatsachen.
Seinen Vorgesetzten hat er unbedingten Gehorsam zu leisten. Bei
Gesetzwidrigkeiten, die der Beamte etwa begeht, oder wegen gesetz-
mätziger Handlungen, die er etwa unterläßt, kann er vor Gericht
auf Schadenersatz belangt werden, z. B. wenn ein Gerichts-
vollzieher einem Schuldner mitteilt, datz sein Gläubiger gegen ihn
das Konkursverfahren einleiten will, so datz dieser die Gelegenheit
benutzt, um noch möglichst viel aus der Masse beiseite zu schaffen usw.
Dienstvergehen und autzerordentliches unwürdiges Verhalten
werden mit Disziplinarstrafen belegt. Diese bestehen in Ordnungs-
strafen und in der Amtsentsetzung. Die Ordnungsstrafen sind:
Verwarnung, Verweis, Geldstrafen bis zur Höhe eines Monats-
einkommens. Sie können vom Dienstvorgesetzten verhängt werden.
Bades ohn, Staats- und Bürgerkunde. 6
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