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1. Staats- und Bürgerkunde - S. 104

1910 - Wittenberg : Herrosé
104 Man unterscheidet zweierlei Beratungen: Kommission und Plenum. Die Kommissionen sind kleinere Gruppen von 7, 14, 21 oder 28 Abgeordneten, die aus allen Parteien gewählt werden. Die Kommissionsberatungen sind die wichtigsten. Sie sind sehr eingehend, erfordern oft recht viel Arbeit und nehmen die Kraft der Abgeordneten ernst in Anspruch. Nach der Kom- missionsberatung geht der daraus hervorgegangene Entwurf an den versammelten Reichstag zurück. Hier findet nun die zweite Lesung statt, die sich auf die einzelnen Paragraphen und An- träge dazu erstreckt. Über jeden Paragraphen oder wenn mehrere zusammengefaßt werden, über eine Gruppe von Paragraphen wird zuletzt abgestimmt mit „Ja" oder „Nein". Werden sämtliche Paragraphen und Anträge schon in der zweiten Lesung abgelehnt, so kommt der Entwurf nicht mehr in die dritte Lesung. Werden sie angenommen, so kommt er in die dritte Lesung. Ab- änderungen sind jetzt nur noch schwer möglich, da jeder Abänderungs- antrag von 30 Personen unterschrieben oder gestellt sein mutz. Die dritte Lesung erstreckt sich daher noch einmal über die Grund- sätze des Gesetzes und über die einzelnen Bestimmungen. Dann wird es durch Abstimmung im ganzen angenommen oder abgelehnt. Die Abstimmung erfolgt durch „Ja" oder „Nein". Soll jeder einzelne Abgeordnete sein „Ja" oder „Nein" sagen, so mutz dies von 50 Mitgliedern beantragt werden. Man nennt solch Verfahren namentliche Abstimmung. Da dieselbe sehr zeitraubend ist, hat man ein anderes Ver- fahren eingeführt. Der Präsident lätzt Abstimmungskarten ver- teilen. Diese tragen den Namen des Abgeordneten, dazu „Ja", „Nein" oder „Enthalte mich". Das Nichtgewünschte wird durch- strichen. Der Schriftführer sammelt die Karten ein und zählt sie. Die Namen der Abstimmenden und ihre Abstimmung werden dann amtlich protokolliert. Sonst geschieht die Abstimmung durch Aufstehen und Sitzen- bleiben. Ist das Ergebnis schwer festzustellen, so werden die Stimmen gezählt. Das geschieht durch den sogenannten „Hammelsprung". Der Präsident lätzt sämtliche Abgeordnete hinausgehen. Nun werden alle Türen bis auf eine an der Ost- und Westseite geschlossen. Wer mit „Ja" stimmt, kommt durch die östliche Tür, wer mit „Nein" stimmt, durch die westliche Tür in den Saal. Die Schriftführer zählen die Stimmen. Die Verhandlungen im Reichstage werden durch eine Ge- schäftsordnung geregelt. Es wird ein Vorstand gewählt, bestehend aus einem Präsidenten und zwei Stellvertretern, aus acht Schriftführern, die Protokoll führen. Die Verhandlungen leitet der Präsident. Wenn jemand zu weit abschweift, so ruft er ihn „Zur Sache", oder wenn er un- gehörige Ausdrücke bzw. Reden braucht, „Zur Ordnung". Wenn
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