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1. Staats- und Bürgerkunde - S. 187

1910 - Wittenberg : Herrosé
187 Aber diese Ersparnisse bieten wenig Sicherheit für dauernde Erhaltung. Das Häufchen Geld auf dem Tellerbrette oder der Ofenbank ist so leicht zu erreichen: der Gelegenheiten, es zu ver- brauchen, sind so viele, und ehe wir uns versehen, ist am Samstag verschwunden, was wir am Montag zurückgelegt hatten. Und selbst wenn wir stark genug sind, jeder Versuchung zur Vergeudung zu widerstehen, so kann die eigene Aufbewahrung der Ersparnis diese nicht aus sich selbst vermehren: sie entbehrt des Wachstums durch die Verzinsung. Anders die Sparkasse: sie hebt unser Geld sicher auf. schreibt uns neue Einlagen auf unser Sparkassenbuch zu, verwaltet dieselben zum allgemeinen Besten, vergütet am Jahresende Zinsen auf unser Guthaben und zahlt uns dasselbe nach Wunsch zurück. Die ersten Sparkassen wurden zu Ende des vorigen Jahr- hunderts errichtet, zunächst um arme Kinder zur Genügsamkeit an- zuregen: ihre Erfolge waren so durchschlagend, daß gemeinnützig denkende Personen zusammentraten, um auch erwachsenen Tage- löhnern, Dienstboten und Handarbeitern die gleichen Dienste zu leisten. Allenthalben wurde bei der Gründung der Kassen hervor- gehoben, daß diese ganz besonders den weniger bemittelten Volks- schichten Gelegenheit zur nutzbaren und sicheren Unterbringung ihrer Ersparnisse geben sollen, um ihnen die Möglichkeit zu er- leichtern, sich für den Fall der Verheiratung, für Zeiten der Krank- heit und des Alters, sowie für andere Fälle der Not das be- ruhigende Bewußtsein selbsterworbener Hilfe zu verschaffen. Diese Grundsätze hob auch schon König Friedrich Wilhelm Iii. von Preußen in seinem Erlaß vom 12. Dezember 1838 hervor, welcher ausdrücklich betonte, daß die Einrichtung der Sparkassen haupt- sächlich auf das Bedürfnis der ärmeren Klasse, welcher Gelegen- heit zur Anlegung kleiner Ersparnisse gegeben werden solle, be- rechnet werde. In Deutschland bestanden Ende 1001 — 63 Jahre nach diesem Erlasse — 2715 öffentliche Sparkassen mit 8073 Annahmestellen: die Zahl der Einleaer betrug 15 432 211 Personen, die Summe der Einlagen 9552 Millionen Mark, d. h. auf den Kopf der Bevölke- rung rund 150 Mk. Welch gewaltige Summe, angesammelt aus den Ersparnissen unseres Volkes! Und auch heute noch sind es hauptsächlich unsere in bescheidenen Verhältnissen lebenden Mit- bürger, die Fabrikarbeiter, Tagelöhner. Handarbeiter. Dienst- boten. gewerblichen Gehilfen u. a. m.. welche die Sparkasse speisen. Von den Einlegern im Königreich Preußen besitzen 29 % Spar- kassenbücher in Beträgen bis zu 60 Mk.. 17 % Bücher in Veträaen von 61 bis 150 Mk.. 30 yo Bücher in Beträgen von 151 bis 600 Mk. Für viele indessen, welche sparen wollen, ist die Sparkasse von ihrem Wohnorte und von ihrer Arbeitsstelle zu weit entfernt: nament- lich die Landbewohner müssen nicht selten erst einen weiten Weg zur Stadt machen, bevor sie die nächste Sparkasse finden. Auch sind die Sparkassen hier und da nicht den ganzen Tag offen, son-
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