1910 -
Wittenberg
: Herrosé
- Autor: Bodesohn, August
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13, Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen, ISCED 5 – Tertiärbereich
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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bar, betrug doch die Gesamteinfuhr 1900 nicht weniger als 291000 t,
woran als der den deutschen Markt beherrschende Hauptlieferant
Britisch-Ostindien mit 210000 t beteiligt war.
Nach beendetem Mittagsmahle ruft die Pflicht zu neuer
Arbeit. Erst der Abend gibt uns dem Hause und der Familie
wieder und läßt Ruhe und Erholung von neuem zu ihrem Rechte
kommen. Wir nehmen ein sehr beliebtes Abendbrot zu uns,
Hering und Kartoffeln nebst einer Tasse Tee. Der Hering ist
ein unmittelbares Geschenk des Meeres; er stellt eines der un-
entbehrlichsten Nahrungsmittel der ärmeren Volksklassen Deutsch-
lands dar und ersetzt diesen in großem Umfange den Fleischgenuß.
Im Jahre 1900 betrug die Einfuhr Deutschlands an Heringen
rund 1139000 Faß im Geldwerte von 38 Millionen Mark. So
viel mußten wir leider noch an das Ausland für dieses Volks-
nahrungsmittel bezahlen. Wir können uns den Hering kaum
noch aus der Volksnahrung fortdenken, ein so alltäglicher, beliebter
Bestandteil ist er geworden. Leider ist unsere deutsche Herings-
fischerei noch nicht annähernd imstande, den vollen Bedarf der
deutschen Nachfrage zu decken. Auch hierbei find wir vielmehr
in hohem Maße auf andere Völker angewiesen. Demgegenüber
ist der Tee, der unser Abendgetränk darstellen soll, immer noch
vorzugsweise ein Genußmittel der bessergestellten Klassen, aber
auch seine Verbreitung schreitet rasch vor und bricht sich mehr und
mehr in allen Schichten der Bevölkerung Bahn.
Das Abendbrot ist eingenommen, und bald kommt die Zeit
der Nachtruhe heran. Die Petroleumlampe verbreitet eine an-
genehme Helligkeit im Zimmer. Wie war es doch zur Zeit unserer
Altvorderen so anders! Damals konnte man die Abendstunden
fast gar nicht für geistigen Genuß und Belehrung ausnutzen. Mit
dem Petroleum hat aber ein Kulturbringer allerersten Ranges,
ein machtvolles Förderungsmittel allgemeiner Geistesbildung seinen
Einzug gehalten; und wieder war es das Meer, das diesen Ein-
zug ermöglichte. Drüben, jenseits des Weltmeeres, in ^Nord-
amerika, fließen vor allem die Quellen, die uns den wunderbaren
Leuchtstoff liefern, und von dort bezieht auch Deutschland durch
das Verkehrsmittel der überseeischen Schiffahrt den weitaus größten
Teil seines Bedarfs an Petroleum, im Jahre 1900 rund 826 000 t
für 71 Millionen Mark bet einer Gesamteinfuhr von 990 000 t
im Werte von 84 Millionen Mark. So dient also der Seeverkehr
mittels Zufuhr des Petroleums im höchsten Maße der Verbreitung
von Bildung und Kultur.
Während wir uns aber anschicken, uns in unser Buch zu
vertiefen, meldet sich gleichzeitig noch ein Bedürfnis bei uns an,
dein die meisten erwachsenen Männer heutzutage mehr oder minder
unterworfen zu sein pflegen: es verlangt uns, zu rauchen. Unser
Pfeiflein ist billig, und sein Inhalt wird wahrscheinlich märkischer
oder pfälzischer Erde oder sonst einer vaterländischen Gegend ent-
stammen; es wäre aber um die Wohlfeilheit vermutlich schlecht