1902 -
Leipzig
: Voigtländer
- Autor: Giese, August
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte, Gesellschaftskunde
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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publiken des Altertums, auch für die wirtschaftliche und geistige
Hebung des Volkes, für Landwirtschaft und Gewerbe, Handel
und Verkehr, Schule und Kirche, Kunst und Wissenschaft: ihr
Ziel ist die allgemeine Wohlfahrt.
§ 9. Steuern, Zölle und Kolonieen.
1. Die alten Germanen hatten keine Staatsausgaben,
kannten daher auch keine Steuern und sahen sie vielmehr als ein
Zeichen der Knechtschaft an. Mit der Bildung eines besoldeten
Beamten standes und der stetigen Steigerung der
Staatsthätigkeit stiegen natürlich auch die Ausgaben des
Staates, und so entstand seit dem Beginn der Neuzeit überall
allmählich das Steuerwesen, das sehr verschiedenartig aus-
gebildet wurde. Die Steuern werden also für Einrichtungen
des Staates, zum Wohle aller Einwohner, erhoben, und
darum ist jeder Bürger zu ihrer Zahlung verpflichtet. Sie
gerecht zu verteilen ist aber sehr schwierig, und man hat die
verschiedensten Wege gewählt, um sie dem Vermögen, dem Ein-
kommen und der Leistungsfähigkeit der Bewohner anzupassen
und möglichst hohe Betrüge zu erzielen.
Die Steuern werden entweder als unmittelbare Beiträge
von den einzelnen Volksgenossen erhoben und heißen dann
direkte, oder gewisse Waren werden (beim Eintritt über die
Grenze oder bei ihrer Herstellung oder bei ihrem Verkaus) mit
Abgaben belastet, die Bewohner also mittelbar besteuert, und
deshalb nennt man solche Abgaben indirekte. Manche Staaten
haben auch Einnahmen aus eigenem Besitz oder staatlichen Be-
trieben, z. B. Preußen aus den Domänen und Forsten und den
Eisenbahnen, Frankreich aus dem Tabak- und Zündholzverkauf.
Die Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben des
Staates nennt man den Staatshaushalt, der Voranschlag
desselben heißt Etat (Budget). Der Etat kann im Gleich-
gewicht stehen (balancieren), einen Uberschuß haben oder einen
Fehlbetrag (Defizit) aufweisen. Auch Schulden kann ein Staat
machen, indem er Anleihen aufnimmt und dafür verzinsliche
-Staatspapiere ausgiebt.
2. Für die wirtschaftliche Entwicklung der Länder sind be-
sonders wichtig geworden die Erhebung von Zöllen und die
'Erwerbung von Kolonieen.
Um die Industrie im eigenen Lande zu schützen, die Ab-
satzbedingungen günstiger zu gestalten und zugleich bequeme
Einnahmequellen zu haben, suchte zuerst Colbert, der be-
rühmte Finanzminister Ludwigs Xiv., die Einfuhr fremder
Jndustriewaren durch hohe Zölle zu erschweren oder ganz zu