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1916 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Wychgram, Jakob, Habermann, Paul, Kesseler, Kurt, Henning, Hans, Gruenberg, Leo
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
Fürst v. Bülow: Die Friedlichkeit der deutschen Weltpolitik. 43
großartiger traumhafter politischer Irrtum gewesen ist als
ungebändigte Eroberungs- und Kriegslust, so werden wir
vergeblich in unserer Vergangenheit nach Eroberungs-
kriegen suchen, die denen Frankreichs im siebzehnten, acht-
zehnten und neunzehnten Jahrhundert, denen des Habs-
burgischen Spaniens, Schwedens in seiner Glanzzeit, denen
des russischen und englischen Reichs im Zuge ihrer grund-
sätzlich expansiven nationalen Politik an die Seite zu setzen
sind. Mehr als die Verteidigung und Sicherung unseres
Vaterlandes haben wir Deutschen in Jahrhunderten nie
erstrebt. So wenig wie der große König seine unbesiegten
Bataillone nach der Eroberung Schlesiens und der Siche-
rung der Selbständigkeit der preußischen Monarchie zu
Abenteuern führte, so wenig dachten Kaiser Wilhelm I.
und Bismarck daran, nach den beispiellosen Erfolgen zweier
großer Kriege zu neuen Taten auszuholen. Wenn ein Volk
sich der politischen Selbstbeschränkung rühmen darf, so ist
es das deutsche. Wir haben uns unsere Erfolge immer
selbst begrenzt und nicht abgewartet, daß uns durch die
Erschöpfung unserer nationalen Mittel eine Grenze gesetzt
wurde. Unsere Entwicklung entbehrt deshalb der Epochen
blendenden plötzlichen Aufstiegs und ist mehr ein lang-
sames unverdrossenes Vorwärtsarbeiten und Fortschreiten
gewesen. Die rastlose Art anderer Völker, aus den er-
reichten Erfolgen den Ansporn zu neuen größeren Wag-
nissen zu schöpfen, fehlt dem Deutschen fast gänzlich. Unsere
politische Art ist nicht die des wagehalsig spekulierenden
Kaufmannes, sondern mehr die des bedächtigen Bauern,
der nach sorgsamer Aussaat geduldig die Ernte erwartet.
Nach dem Deutsch-Französischen Kriege war die Welt voll
Furcht vor neuen kriegerischen Unternehmungen Deutsch-
lands. Kein irgendmöglicher Eroberungsplan, der uns da-
mals nicht angedichtet wurde. Seitdem sind mehr als vier
Jahrzehnte vergangen. Wir sind an Dolkskraft und mate-
riellen Gütern reicher, unsere Armee ist stärker und stärker
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