1915 -
Berlin Leipzig
: Teubner
- Autor: Siebourg, Max, Kuckhoff, Joseph
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
mittel der Finanzierung des modernen Krieges
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darauf, vom Oktober an Schatzscheine mit einer Laufzeit von drei bis
zwölf Monaten, je nach Wahl der Abnehmer, zum freihändigen verkauf
zu stellen. Das find die sogenannten „Bons cle la ckekense nationale",
für die man in Frankreich nach dem Finanzminister Ki&ot den kürzeren
Namen „Nikotins" geprägt hat. Diese „Nikotins" wurden dann ge-
wissermaßen nach der Elle verkauft, wie das Geschäft gerade ging. Wie-
viel davon insgesamt abgesetzt worden ist, ist nicht genau in Erfahrung
zu bringen. Ich habe mir Mühe gegeben, nachzurechnen und abzusetzen,
was an Zchatzscheinen bereits vor dem Krieg im Umlauf war, und bin
auf einen Betrag von rund zwei Milliarden Franken gekommen als Be-
trag neuen Geldes, der bisher Frankreich aus seinen finanziellen Ope-
rationen aus dem Inlandsmarkt zugeflossen sein kann. Selbst im gün-
stigsten Fall bleibt die Gesamtleistung des französischen Marktes für den
Krieg bisher weit hinter derjenigen des von Frankreich bisher gering
geschätzten österreichisch-ungarischen Marktes zurück.
Der weitaus größte Teil der finanziellen Last wird in Frankreich von
der Zentralbank, von der Bank von Frankreich, getragen, die von der
Negierung veranlaßt worden ist, ihr einen Kredit von nicht weniger als
6 Milliarden Franken zu eröffnen.
Freilich in der allerjüngsten Zeit hat sich die französische Finanz-
verwaltung zu einer größeren Aktion aufgeschwungen, zu einer Aktion,
die in manchen Zügen unserer eigenen Kriegsanleihe nachgebildet ist,
z. 8. darin, daß der Betrag nicht limitiert wurde, sondern daß ein un-
begrenzter Betrag zum Angebot gelangte. Diese Anleihe, die fünfpro-
zentig ist und in spätestens zehn Jahren, vielleicht aber schon in fünf
Jahren, zurückgezahlt werden soll, wurde zu 96,5 Prozent nominal auf-
gelegt ; aber es wurde ausdrücklich bedungen, daß die Zinsen halbjährlich
vorausbezahlt werden sollten, so daß bei der Zeichnung gleich ein Betrag
von 21/2 Prozent abgezogen wurde, also die Zeichner nicht den Nomi-
nalkurs von 96,5 Prozent, sondern nur von 94 Prozent zu bezahlen
hatten. Sie sehen also: der Kurs, zu dem diese fünfprozentige Anleihe
herauskommt, ist wesentlich ungünstiger als der Kurs, zu dem wir unsere
Kriegsanleihe unterbringen können.
Nun kommt aber die allermerkwürdigste Bedingung in diesem neuen
Anleihegeschäft. Sie besteht darin, daß die Einzahlungen auf die neue
Anleihe nicht ausschließlich in Bargeld zu leisten sind, sondern daß sowohl
Stücke der verunglückten Anleihe vom Juni 1914 als auch die soge-
nannten Nikotins auf die Anleihe in Zahlung genommen werden. Die
Stücke der Anleihe von 1914 werden sogar zum ursprünglichen Emissions-
kurs von 91 angenommen, während der Kurs auf dem Markte inzwischen
um mehr als zehn Prozent zurückgegangen ist. Ich kann mir nicht
denken, daß es in Frankreich einen Kerl gibt, der so dumm ist, daß er
unter diesen Umständen nicht seine Anleihe von 1914 zurückbringt und
dafür die neue 5prozentige Anleihe nimmt. Die ganze Operation mag