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1. Lesebuch für staatsbürgerliche Bildung - S. 24

1913 - München : Lindauer
24 Unser deutsches Vaterland. Stärke ist vielmehr, daß er die Leistungsfähigkeit der einzelnen Führer und Truppen im Marsch und Gefecht, die Straßen, die Verpflegung, die möglichen Hemmnisse durch Terrain, Wetter re., dazu die Beschaffenheit des Feindes mit einer Sicherheit und Gründlichkeit erwägt, welche seinen Berechnungen einen sehr hohen Grad von Wahrscheinlichkeit gibt, und sein Genie ist vielmehr, daß alle diese bestimmenden Verhältnisse ihm schnell zu einem sehr deutlichen und richtigen Bilde der Situation werden, welches ihm gestattet seine Entschlüsse rasch und sicher zu fassen. Darf man einzelnes als seine Eigenart rühmen, so ist es gerade der klare, feste, alles gleichmäßig wägende Geist, der nicht durch Schlauheit und kleine Mittel militärische Erfolge sucht, weder durch Ehrgeiz noch durch die Auf- regung des Kampfes beirrt wird, und dazu ein steter Wille, der nnverrückt das letzte Ziel des Kampfes vor Augen hat und im entscheidenden Augenblick alles daran zu setzen bereit ist. Es ist merkwürdig, daß er als Feldherr weder jung noch alt erscheint; die härteste Kühnheit ist in seinen Operationen dicht neben der sorglichsten Vorsicht; solange ihm der Feind unsicher ist, bedächtiges Zaudern, sobald ihm die Elemente für eine Berechnung der Wahrscheinlichkeit gegeben sind, der schnellste Entschluß. Bei solcher Begabung waltet er inmitten seiner Getreuen vom Stabe über den stürmischen und ehrgeizigen Führern des deutschen Heeres mit der Autorität eines überlegenen Geistes als ein treuer, selbstloser Diener seines Kriegsherrn, als ein guter, unsträflicher Mann. Sein König be- grüßte ihn einst in kleiner Tafelrunde der höchsten Führer dankend als das Schwert des Reiches; dem deutschen Volke aber ist dieser stille Denker der Schlachten ein ehrwürdiger Hausfreund geworden, zu dem es mit herzlichem Dank und festem Vertrauen hinschaut. Gustav Freytag; Verlag von S. Hirzel, Leipzig. 9. An Deutschland 187?. 1. Nun wirf hinweg den Witwenschleier, Nun gürte dich zur Hochzeitsfeier, O Deutschland, hohe Siegerin! Die du mit Klagen und Entsagen Durch vier und sechzig Jahr' getragen, Die Zeit der Trauer ist dahin; 2. Die Zeit der Zwietracht und Be- schwerde, Da du am durchgeborstnen Herde Im Staube saßest tiefgebückt Und kaum dein Lied mit leisem Weinen Mehr fragte nach den Edelsteinen, Die einst dein Diadem geschmückt. 3. Wohl glaubten sie dein Schwert zer- brochen. Wohl zuckten sie, wenn du gesprochen, Die Achsel kühl im Völkerrat; Doch unter Tränen wuchs im stillen Die Sehnsucht dir zum heil'gen Willen, Der Wille dir zur Kraft der Tat. 4. Und endlich satt die Schmach zu tragen Zerrissest du in sieben Tagen Das Netz, das tödlich dich umschnürt, Und heischtest, mit beherztem Schritte Hintretend in Europas Mitte, Den Platz zurück, der dir gebührt.
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