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1. Lesebuch für staatsbürgerliche Bildung - S. 83

1913 - München : Lindauer
Die Wirtschaftsstufeu der Menschheit. 83 notwendige Arbeit teilen sich die Familienmitglieder. Übrigens ist die Arbeit eine weniger schwierige als beim Jägervolke, denn der bei weitem größere Teil der Produktion füllt der Natur zu, welche die für die Herde erforderlichen Futter- kräuter ohne weiteres Zutun des Menschen hervorbringt. Ein Hirtenvolk kann demnach nur dort leben, wo die Erde die Futtermittel in hinreichender Menge darbietet, wo gutes Weideland ist. Aber auch der beste Weideboden kann nur auf eine Zeitlang für den Unterhalt der durch Züchtung sich mehrenden Herden ausreichen; ist die Trift abgeweidet, so muß anderes Weideland aufgesucht werden; der Hirt muß wandern mit dem leicht beweglichen Zelt. Bei der Ver- mehrung der Bevölkerung sind Zusammenstöße mit benachbarten Stämmen un- vermeidlich. Darum haben die Hirtenvölker auf die kriegerische Ausbildung hohen Wert gelegt, sie waren wehrhafte Leute. Der kriegerische Mut, welcher bei manchen Hirtenvölkern in hohem Grade ausgebildet war, ist nicht selten die Ursache großer Auswanderungs- und Eroberungszüge gewesen. Namentlich war es das Innere Asiens, aus welchem wiederholt gewaltige Hirtenvölker aufge- brochen sind und die Länder der Kulturvölker überschwemmt haben. Noch jetzt leben in den Steppen des mittelasiatischen Hochlandes zahlreiche Nomadenstämme, wie die Kirgisen, die bis auf den heutigen Tag wandernde Hirten geblieben sind und wahrscheinlich verschwinden werden ohne jemals seßhaft geworden zu sein, während sich bei andern Zweigen der großen mongolischen Völkerfamilie Über- gänge zum Ackerbau zeigen. Bei den Hirtenvölkern kommt neben der Natur und der Arbeit ein weiteres wirtschaftliches Element zu hoher Bedeutung. Während nämlich der Jäger und der Fischer nur eines einfachen Werkzeuges benötigte um sich den Lebensunterhalt zu verschaffen, dienen bei dem Hirten dem gleichen Zwecke seine Viehherden. Offenbar sind die Werkzeuge wie der Viehbestand wirtschaftliche Güter; beide haben das Gemeinsame, daß sie dem Menschen zur Gewinnung anderer Güter dienlich sind und zu diesem Zwecke längere Zeit aufbewahrt werden. Solche Güter, die. wie wir sofort begreifen, für die Hervorbringung fernerer Güter unentbehrlich sind, nennen wir „Kapital". Für den Hirten besteht das Kapital in der Herde; dasselbe hat schon einen entschieden höheren Wert als das einfache Werkzeug des Jägers oder Fischers. Während das Land noch allen zur ge- meinsamen Benutzung freisteht, kann sich der einzelne durch größere Mühewaltung, durch sorgsamere Pflege re. einen größeren Viehbestand verschaffen und auf diese Weise ein Vermögen bilden. Es wird also bei dem Hirtenvolke Vermögens- unterschiede geben. Da die Arbeit der Hirtenvölker weniger anstrengend und weniger gefahr- voll ist als diejenige der Jägervölker, so erwachen nach der Befriedigung der ursprünglichsten und notwendigsten Lebensbedürfnisse noch weitere Bedürfnisse, die namentlich auf eine angenehmere und behaglichere Gestaltung des Daseins gerichtet sind. Die Nahrung wird mannigfaltiger und schmackhafter, die Zelte werden mit größerer Sorgfalt hergerichtet, die Kleidungsstücke bestehen nicht mehr 6»
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