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1. Lesebuch für staatsbürgerliche Bildung - S. 128

1913 - München : Lindauer
128 Wirtschciftspflege. Entfernung der Menschen voneinander besteht dadurch in unserer Zeit für den Nachrichtenverkehr eigentlich nicht mehr, zumal auch die drahtlose Telegraphie immer größere Ausdehnung gewinnt. Der durch alle die heute üblichen Transportmittel erleichterte Austausch von Gütern und Nachrichten und die viel zahlreicheren Berührungen der Menschen miteinander konnten nicht ohne Einfluß bleiben auf die Verkehrsmittel im weiteren Sinne, auf Maß-, Münz- und Zahlungswesen. Hier drängte alles mit gebiete- rischer Notwendigkeit auf die Vereinfachung und Einheitlichkeit der Maße und Zahlungsmittel, dann aber auch zum Ersatz des für unsere wirtschaftlichen Verhältnisse nicht mehr genügenden schwerfälligen Barzahlungssystems durch ein bequemeres auf Kredit sich aufbauendes. Die alten Längen-, Flächen- und Ge- wichtsmaße, bei denen unter denselben Bezeichnungen in den einzelnen Teilen Deutschlands die verschiedensten Größen verstanden wurden und in dem- selben Gebiet dasselbe Maß häufig verschieden groß war, je nach den Waren, für die es verwendet wurde, machten einem einheitlichen, auf dem Meter auf- gebauten System Platz. An Stelle der sechs Währungssysteme, die noch in der Mitte des vorigen Jahrhunderts in Deutschland bestanden, gibt es jetzt ein einziges und entsprechend wenige Sorten von Münzen. Die 1.40 verschiedenen Papiergeldarten, noch am Anfang der siebziger Jahre von den höchsten Beträgen herab bis auf Taler lautend, sind auf kaum ein halbes Dutzend zusammen- geschmolzen. Zu den Banknoten und Kassenscheinen sind Wechsel und Schecks getreten und der größte Teil unserer Zahlungen vollzieht sich heute auf dem Wege der Verrechnung mit Hilfe besonderer Institute, der Banken. Soviel zur Kennzeichnung des Gegensatzes von einst und heute im Verkehrs- wesen. Der jetzige Zustand ist zum Teil ein Ergebnis der wirtschaftlichen Ent- wicklung der letzten beiden Menschenalter, der gewaltigen Bevölkerungszunahme, der Entdeckung und Anwendung früher nicht gekannter Kräfte, wie des Dampfes und der Elektrizität, des Aufkommens neuer Betriebsformen, der Großbetriebe und gesellschaftlichen Unternehmungen und aller aus dem Zusammenwirken dieser Momente der menschlichen Gesellschaft gestellten Aufgaben, zum Teil hat aber das Verkehrswesen diese Aufgaben mit herbeiführen helfen. Es hat die Hindernisse und Verkehrsschranken beseitigt und dem Blute des volkswirtschaftlichen Körpers einen lebhafteren Kreislauf ermöglicht, der den einzelnen Gliedern in erhöhtem Maße zugute kommt. An dem kräftigen Gedeihen des volkswirtschaftlichen Körpers hat aber niemand ein solches Interesse wie die Nation als Ganzes, der Staat, und dieses Interesse des Staates ist mit der zunehmenden Bedeutung des Verkehrs- wesens fortwährend gewachsen. Er weiß die Ordnung und die Beherrschung des Verkehrs als wichtiges Machtmittel ebenso wie als Einnahmequelle zu schätzen. Er hat sich deshalb gewisse Gebiete des Verkehrs, wie bei uns das Post- und Telegraphenwesen, das Münzwesen, ausschließlich vorbehalten, in anderen, wie in der Eisenbahn, spielt er die ausschlaggebende Rolle und nur wenige, wie die Seeschiffahrt, hat er der privaten Unternehmungslust vollständig überlassen. Fast
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