1. Bd. 1
- S. 76
1913 -
Leipzig
: Poeschel
- Autor: Berthold, Willi, Pautsch, Otto, Kestner, Fritz, Fischer, Johannes, Schmidt, Benno, Rohrbach, Paul, Deumer, Robert, Mothes, Rudolf, Oßwald, Paul, Bracker, Willy, Reinhard, Rudolf, Heuss, Theodor
- Hrsg.: Schröter, Arthur
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
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Die Verfassung ües Reiches usw.
Wesenheit einer bestimmten Anzahl von Mitgliedern notwendig, meist
mindestens von zwei Dritteln oder der Hälfte der Körperschaft. Zur
Vorbereitung wichtiger Angelegenheiten werden häufig Ausschüsse
gebildet; verbindlich handeln kann jedoch nur das ganze Kollegium.
Ihre Beschlüsse dürfen die Stadtverordneten nur in den seltensten
Fällen selbst ausführen; das ist Sache des Magistrates. Er ist jedoch
nicht der Vollstrecker des Willens der Stadtverordneten, er hat im
Gegenteil seinerseits dazu Stellung zu nehmen und ist verpflichtet,
die Zustimmung zu versagen und die Ausführung zu verweigern, wenn
die Stadtverordneten ihre Befugnisse überschreiten, wider die Gesetze
verstoßen und das Staatswohl oder das Gemeindeinteresse verletzen.
Als Organe der Stadtgemeinde find Magistrat und Stadtverordnete
im Verhältnis zueinander gleichwertig. Der übereinstimmende Wille
beider ist erforderlich, wenn eine Maßnahme, wie z. B. die Ein-
führung einer neuen Steuer verbindlich sein soll. Beide können zu
Ortsgesetzen Anregung geben. Beschließt der Stadtrat, es solle ein
Krankenhaus errichtet werden, so ist noch lange nicht die Möglichkeit
gegeben, nun mit dem Bau zu beginnen; erst müssen die Stadtver-
ordneten zugestimmt und die erforderlichen Geldmittel bewilligt haben.
Ebenso verhält es sich, wenn die Stadtverordneten beschließen würden,
daß eine Halle für Luftschiffe erbaut werden soll. Tritt der Magi-
strat dem Antrage nicht bei, hat der Bau zu unterbleiben. Können
die beiden Körperschaften zu keiner Einigung kommen und verharrt
jede bei ihrer Ansicht, so entscheidet die Aufsichtsbehörde den Streit.
Da ein gedeihliches Zusammenwirken derkollegien stets erwünscht ist,
sehen die meisten Städte- und Gemeindeordnungen die Bildung sog. ge -
mischter Ausschüsse vor, die aus Mitgliedern des Magistrats und der
Stadtverordneten zusammengesetzt sind. Manchmal kommen noch beson-
dere Vertreter derbürgerschaft dazu. Solcheausschüsse, die zuweilen mit
Selbständigkeit ansgestattet werden,find eine neuerdings sehr beliebteein-
richtung geworden, die sich bewährthat. Einebesonderebedeutunghaben
die gemischten Schulaus sch üsse. Ihnen gehören meist Mitglieder bei-
der städtischer Kollegien, Vertreter der Bürgerschaft und der Lehrerschaft
an. Die Schulausschüsse regeln die Angelegenheiten der Schulgemeinde
ziemlichselbständig,siebeschließenüberschulbauten,wählendielehrerusw.