1. Bd. 1
- S. 82
1913 -
Leipzig
: Poeschel
- Autor: Berthold, Willi, Pautsch, Otto, Kestner, Fritz, Fischer, Johannes, Schmidt, Benno, Rohrbach, Paul, Deumer, Robert, Mothes, Rudolf, Oßwald, Paul, Bracker, Willy, Reinhard, Rudolf, Heuss, Theodor
- Hrsg.: Schröter, Arthur
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
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Die Verfassung des Reiches usw
und Abstammung. Die Unterstützung erstreckt sich je nach Bedarf auf
Unterkommen, Almosen in barem Gelde oder Naturalien, Krankenpflege
und beim Tode auf angemessenes Begräbnis. Hinterläßt der Unterstützte
Kinder, so ist für deren Erziehung aufzukommen. Wer keinen bestimmten
Unterstützungswohnsttz hat, fällt dem Landarmenverbande zur Last.
Über die Aufbringung der Kosten treffen die Landesgesetze die ent-
sprechenden Anordnungen. Der innere Ausbau und die Organisation
des Armenwesens ist jedoch Sache der Gemeinden, welche die Armenver-
bände bilden. Die Armenpflege der Gemeinde muß mit der der privaten
Vereinigungen und der Einzelpersonen in steter Verbindung stehen.
Es ist nicht nur darauf zu achten, daß die Unterstützungen nur wirk-
lich Bedürftigen zufließen, sondern daß die Empfänger die Gelder
auch richtig verwenden. Um das zu erreichen, ist die bisherige Übung,
die Geschäfte des Armenwesens möglichst nur unter Heranziehung
ehrenamtlich arbeitender Personen zu bewirken, dahin abzuändern,
wenigstens für größere Gemeinden, daß ein Teil der Angelegenheiten
durch geschulte Beamte erledigt wird.
Viel Gutes können die Gemeinden in vernünftiger Stellungnahme
zu den allgemeinen Arbeiterfragen stiften, indem sie die Gründung
von unparteiischen (paritätischen) Arbeitsnachweisen fördern,
während des Winters zu Zeiten drückender Arbeitslosigkeit Not-
standsarbeiten veranstalten und selbst der umstrittenen Frage der
Arbeitslosenversicherung nahe treten. Sind sie selbst Unter-
nehmer, so sollen sie ihren Betrieb so einrichten, daß er in bezug
auf Löhne, Arbeitszeit, Vertretung der Arbeiterschaft, Nuheftands-
unterstützung für die Privatbetriebe als Muster dasteht. Der Sache
des gewerblichen Mittelstandes kann durch zweckmäßige Aus-
gestaltung des Dergebungswesens (Submissionswesens), durch
billige Gewährung von elektrischer Kraft oder von Gas zu Betriebs-
zwecken, Unterstützung von Fachschulen und des Genossenschafts-
wesens geholfen werden. Unternehmern wie Arbeitern wird bei
Lohnkämpfen eine taktvolle Vermittlung der Gemeindebehörden oft
erwünscht sein.
Beachtung verdienen alle Fragen des Verkehrswesens. Vor
allem sind gute Straßen von nören. Sie sind so anzulegen, daß sie