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1. Bd. 1
- S. 138
1913 -
Leipzig
: Poeschel
- Autor: Berthold, Willi, Pautsch, Otto, Kestner, Fritz, Fischer, Johannes, Schmidt, Benno, Rohrbach, Paul, Deumer, Robert, Mothes, Rudolf, Oßwald, Paul, Bracker, Willy, Reinhard, Rudolf, Heuss, Theodor
- Hrsg.: Schröter, Arthur
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
138
Rirche und Schule
sichtsbehörde auf Verlangen jederzeit zu hören. Der ländliche
Schulvorstand besteht aus dem Gemeindevorsteher, einem von der
Schulaufsichtsbehörde bestimmten Lehrer, dem dienstältesten evan-
gelischen und katholischen Geistlichen, bzw. Rabbiner und aus zwei
bis sechs Einwohnern des Schulverbandes. Der Ortsschulinspektor
ist berechtigt, an den Sitzungen teilzunehmen.
Eine allgemeine Zuführung der Kinder zur Schule ist nur aufgrund
des Schulzwanges, richtiger Unte rr ich ts zwang es, möglich, der in
Preußen seit den Königen Friedrich Wilhelm I. und Friedrich dem
Großen besteht. Die Preußische Verfassungsurkunde sagt in Artikel
21—23: „Für die Bildung der Jugend soll durch öffentliche Schulen
genügend gesorgt werden. Eltern und deren Stellvertreter dürfen
ihre Kinder oder Pflegebefohlenen nicht ohne den Unterricht lassen,
welcher für die öffentlichen Volksschulen vorgeschrieben ist. —
Unterricht zu erteilen und Unterrichtsanstalten zu gründen und zu
leiten, steht jedem frei, wenn er seine sittliche, wissenschaftliche und
technische Befähigung der betreffenden Staatsbehörde nachgewiesen
hat. — Alle öffentlichen und Privatunterrichts- und Erziehungs-
anstalten stehen unter der Aufsicht vom Staate ernannter Behörden.
Die öffentlichen Lehrer haben die Rechte und Pflichten der Staats-
diener". Die allgemeine Schulpflicht ist nicht durch ein Reichs-
gesetz geregelt, in Preußen fehlt sogar die einheitliche gesetzliche
Festlegung ihrer Beendigung. Im allgemeinen erstreckt sie sich
vom 6.—14. Lebensjahr, in Bayern nur vom 6.—13. Jahr. Hier,
wie auch im Reichslande Elsaß-Lothringen, hängt die Schulentlas-
sung von demdesteheneinerabgangsprüfung ab. In den meisten Bundes-
staaten kann die Schulpflicht für nicht reife Kinder verlängert werden.
Die Schule würde mit diesen gesetzlichen Mängeln nicht zu kämpfen
haben, wenn jeder Bundesstaat ein vollständiges allgemeines Schul-
gesetz hätte. Leider fehlt ein solches in Preußen, Bayern und den beiden
Mecklenburg. Der Grund ist in den politischen Machtverhältnissen
der betreffenden Staaten zu suchen. In Bayern beispielsweise hat man
den Versuch der Einführung eines fortschrittlichen Schulgesetzes auf-
gegeben, seitdem seit 1869 das Zentrum die Mehrheit in der Kammer
behauptet. In Sachsen wurde durch die Thronrede vom Herbst 1911