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- S. 21
1913 -
Grünstadt
: Riedel
- Autor: Böshenz, Jakob
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Sonntagsschule
nahezu 4 Millionen hl Most im Gesamtwerte von 109 Millionen
Mark, und 1909, wo rund 23/4 Millionen hl Most im Werte von
98 Millionen Mark gewonnen wurden) Jahre mit sehr geringer
Ausbeute gegenüberstehen (so 1898 mit nur 11/a Millionen hl im
Werte von 51 Millionen Mark).
Während in guten Jahren sehr viel Wein nach den Vereinigten
Staaten, England, Belgien, Rußland und Holland ausgeführt wird,
bedingen schlechte Ernten eine vermehrte Einfuhr von Frankreich,
Spanien, Oesterreich-Ungarn, Italien und Portugal. Unser Haupt-
lieferant ist in solchen Fällen stets die französische Republik, die ihre
Rotweine (Bordeaux), Burgunder- und Champagnerweine in be-
trächtlichen Mengen uns zugehen läßt. Im Jahre 1905 betrug der
Wert der französischen Weineinfuhr 28 Millionen Mark, während
auf Italien, Oesterreich-Ungarn, Spanien und Portugal ca. 27
Millionen Mark entfielen. Italien erzeugt vorzügliche Rotweine,
Oesterreich-Ungarn liefert die edlen Tokaier und schweren Tiroler
Weine. Portugal ist die Heimat der Portugieser, und Spaniens
Südküste reift den feurigen ^eres und Malaga. Auch Griechenland,
die nordafrikanischen Küstenländer und die vorderasiatischen Gebiete
stehen in der Weinerzeugung und Weinausfuhr auf beträchtlicher
Höhe. In Nord-Amerika hat der Weinbau vor allem in Kalifornien
und Mexiko Fuß gefaßt, doch kann der einheimische Bedarf nicht
völlig gedeckt werden, weshalb der deutsche Weinhandel hier ein be-
sonders günstiges Absatzgebiet hat. Südamerika hat eine weit höhere
Produktion. Chile, Argentinien und Brasilien erzeugen zusammen
ungefähr dieselbe Menge wie unsere gesamten einheimischen Wein-
baugebiete.
Einen erfreulichen Aufschwung hat in Deutschland allenthalben
der Obstbau genommen. Besonders steht Württemberg im Rufe
eines wahren Obstparadieses mit rund 10 Millionen Obstbäumen,
die ihren Besitzern, den eigenen Verbrauch abgerechnet, 10 bis 14
Millionen Mark eintrugen. Uebrigens gedeiht in den meisten Ge-
genden Deutschlands vorzügliches Obst. Die Obstbaumzählung vom
Jahre 1900 ergab an Apfel-, Birn-, Zwetschgen- und Kirschbäumen
ca. 170 Millionen Stück. Hervorzuheben sind insbesondere die Berg-
straße, der Rheingau, Werra-, Saale- und Elbetal. „Im Regierungs-
bezirk Frankfurt a. d. O. werden viele Sauerkirschen gebaut, deren
Saft mit 150/0 Alkohol versetzt und nach den Tropen in bedeutenden
Massen versendet wird. Das Elbtal zwischen Dresden und Meißen
hat bedeutenden Erdbeerbau und von der Eisenbahnstation Kötzschen-
broda bei Dresden werden jährlich 50 000 kg Erdbeeren meist nach
Berlin verschickt".
Wir sind aber trotz der günstigen Entwicklung, welche der
deutsche Obstbau in den letzten Jahren genommen hat, noch nicht
in der Lage unsern Bedarf an Obst völlig zu decken, so daß noch
sehr viel Obst aus Frankreich, Italien, Oesterreich-Ungarn und Bel-