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- S. 49
1913 -
Grünstadt
: Riedel
- Autor: Böshenz, Jakob
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Sonntagsschule
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„Der Gewe rbst euer unterliegen die in Bayern betriebenen
Gewerbe," ausgenommen die Land- und Forstwirtschaft nebst den
verwandten und Nebenbetrieben und den ihnen zugehörigen Genossen-
schaften, sowie das Wandergewerbe und die staatlichen Verkehrsan-
stalten. Nach dem Gesetze vom 14. August 1910 soll die Gewerbe-
steuer vor allem eine Auflage auf den Wert des Gewerbebetriebes
bilden. Dieser hängt aber von zwei Faktoren ab, einmal von dem
jährlichen Reinertrag und zum andern von dem Werte der
geschäftlichen Einrichtung, Mobiliar, Rohmaterial, Waren, Geld u. s. w.
eingeschlossen, was man alles zusammen mit dem Namen B e-
triebskapital bezeichnet. Das Gesetz hat nun 2 Tarife auf-
gestellt, einen zur Besteuerung des Reinertrages, den andern in gleicher
Absicht hinsichtlich des Betriebskapitals. Beide zusammen ergeben
die Gewerbesteuer. Ergibt sich beispielsweise als Wert des Betriebs-
kapitals die Summe von 4500 Mk., als jährlicher Reinertrag 2600 Mk.,
so trifft Ersteres eine Steuer von 1,50 Mk., Letzteres eine solche von
4 Mk., also eine definitive Gewerbesteuer von 5,50 Mk.
Die Kapitalrentensteuer belegt Einnahmen aus Kapital-
vermögen, also Zinsen, Renten, Dividenden 2c. von 70 Mk. ab mit
einer Staatsabgabe, die bis zu 100 Mk. 1 °/0, bis 400 Mk. l1/4°/0,
bis 700 Mk. 1v» °/o, bis 1000 Mk. ls/4 °/0 und über 1000 m 2 °/0
des steuerbaren Einkommens selbst beträgt. Befreit sind mit einigen
Ausnahmen die gleichen Kreise, welche auch von der Entrichtung der
Einkommensteuer ausgeschlossen sind, dazu noch Witwen, geschiedene
oder verlassene Ehefrauen, vaterlose Minderjährige und erwerbsbe-
schränkte Personen, wenn sie nicht mehr als 400 Mk. steuerbare
Kapitalrente besitzen und ihr Gesamteinkommen nicht mehr als 800 Mk.
beträgt.
Reichen auch die steuerlichen Einnahmequellen nicht aus um
die Bedürfnisse des Staates so zu decken, so muß derselbe den
Weg der Anleihe beschreiten und bei Bankhäusern oder Privaten das
benötigte Geld aufnehmen. In diesem Falle stellt er Schuldscheine
aus auf 100, 500, 1000, 2000, 5000 rc. Mark.
Man nennt sie Staats papiere oder Obligationen
(Wertpapiere). Der Staat beschreitet den Weg der Anleihe nur bei y y
Schaffung von Einrichtungen, die der Allgemeinheit von großem
Nutzen sind und von welchen auch kommende Geschlechter noch Vor- f j
teile haben, wie Bau von Eisenbahnen, Kanälen, Straßen, Brücken.
Auch für Zwecke der Landesverteidigung sind schon Schuldverschrei-
bungen ausgegeben worden.
Auch der Privatmann darf die Anlage seines Geldes in solchen
Staatspapieren als dessen sicherste Unterbringung ansehen. Denn
der Staat haftet für die von ihm aufgenommenen Anlehen mit seinem
ganzen Vermögen, Wäldern, Bergwerken, Gütern u. s. w. Dabei ist
die Anlage für den Eigentümer höchst bequem. Jedem Wertpapiere
ist nämlich ein Zinsbogen beigegeben, welcher für eine Reihe von
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