1. 2
- S. 70
1913 -
Grünstadt
: Riedel
- Autor: Böshenz, Jakob
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Sonntagsschule
70 -
organischen (pflanzlichen und tierischen) Ursprungs sind. Inder
Vermischung mit Sand und Eisenoxyd finden wir den Tonboden in
großer Ausdehnung als roten „Lehm", der sich in der Ebene als
„L ö ß" von hellbrauner, leichterer und kalkhaltigerer Beschaffenheit
zeigt. Hiezu gesellt sich in der Zone des Weinbaugebietes, nament-
lich der Unterhaardt, aber auch in der Nähe sonstiger Kalkablage-
rungen, der „Mergel", ein Gemisch von Ton und Kalk.
Die Bodenbenutzung im heimischen Ackerbau.
Theorie und Jahrhunderte alte Praxis haben dem Landwirt
bestimmte Richtpunkte gegeben für die Nutzbarmachung der ihm zur
Verfügung stehenden Böden Beim Anbau unserer Nutzpflanzen
ergab sich nämlich ein Unterschied im Gebrauchswerte der einzelnen
Bodenarten, d. h. in ihrer Befähigung diesem oder jenem Gewächs-
möglichst günstige Entwicklungsbedingungen zu schaffen So betrachtet
man als Weizenboden Lehm oder humusreichen Ton, als G e r-
sten- und Kartoffelboden sandigen, humosen Lehm. Während
Hafer in schweren Ton- und Lehmböden vorzüglich gedeiht, geben
Sand und sandiger Lehm einen sehr ertragsreichen Kornboden.
Kalk, Mergel und Tonschiefer ermöglichen in hervorragender Weise
den Weinbau, die beiden ersteren auch die aussichtsreichste An-
pflanzung des Steinobstes, während Kernobst kalk- und humus-
reichen Lehm oder Ton vorzieht.
Die Ursache dieses verschiedenen Gebrauchswertes der einzelnen
Bodenarren finden wir in deren verschiedenartiger Beschaffenheit, in
ihren besonderen physikalischen und chemischen Eigenschaften.
So enthält z. B. der Tonboden neben 50 bis 70 o/0 Ton
noch eine Reihe chemischer Verbindungen, die von hervorragender
Bedeutung für die Pflanzennahrung sind: Kalk-, Kali- und Natron-
salze, Ammoniak- und Eisenverbindungen. Das Vorhandensein von
Tonboden in einer Gegend läßt daher meist günstige Schlüsse auf
deren Fruchtbarkeit zu, aber nur, wenn der Ton mit anderen Böden
ein günstiges Mischungsverhältnis eingegangen ist. Denn reiner
Ton hat auch eine Reihe sehr ungünstiger Eigenschaften. Er nimmt
die Wärme und das Wasser sehr langsam an und gibt letzteres auch
nur sehr ungern wieder ab. Infolge seiner Schwerdurchlässigkeit
für das Wasser bleibt der Ton im Frühjahre lang naß und kalt.
Trocknet er rasch ab, so klebt er zu einer harten Masse zusammen,
die leicht rissig wird und sich nur schwer bearbeiten läßt.
In seinen Mischungen „Lehm", „Löß", „Mergel" treten
seine ungünstigen Eigenschaften gegenüber seinen hohen Vorzügen
fast völlig zurück, weshalb dieselben von außerordentlicher Frucht-
barkeit sind.