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- S. 100
1913 -
Grünstadt
: Riedel
- Autor: Böshenz, Jakob
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Sonntagsschule
100 —
Gewerbliche Verarbeitung von Pflanzenstoffen.
Mehr und mehr läßt unsere moderne Zeit das alte Bibelwort
sich bewahrheiten, daß „der Mensch Herr sei über die Erde." Zu
tausend Diensten haben die Erdbewohner die Tierwelt herangezogen.
In nicht minder mannigfaltiger Weise verstand es menschlicher
Scharfsinn auch das Pflanzenreich sich nutzbar zu machen.
Welch eine Fülle der Verwendungsmöglichkeiten tut sich uns hier
auf von der Wurzel bis zum Blatt, der Blüte und der Frucht!
Die Pflanze „muß den Menschen heilen, wenn er krank ist, ihn
nähren und tränken, muß Gifte und Alkoholgetränke spenden, ihn
kleiden und als Werkzeug seiner Gedanken dienen." Die eine deckt
mit ihren Blättern und Brettern sein Dach, die andere liefert ihm
Taue und Segel, Bindfaden und Zwirne. Von der dritten erhält
er Klötze, Bretter, Balken, Maste und Stangen für seine Brücken,
Häuser und Schiffe, wie auch das Material für die behagliche Ein-
richtung seiner Wohnung. Wieder andere geben Gummi, Kautschuck,
Pech, Teer, Opium oder bieten dem Maler die köstlichen Farben,
aus denen seine Kunst ihre heitere Wunderwelt erstehen läßt.
Eine Menge von Gewerben hat sich auf die Nutzbarkeit der
verschiedensten Pflanzenarten und Pflanzenteile gegründet.
Am mannigfachsten ist wohl die Verwendungsmöglichkeit des
Holzes. Welche ausgedehnte Benützung erfährt es doch als Bau-
stoff! Da trägt es als starkes Gebälk Decken und Dach des
Hauses und spannt sich dort als feste Brück eüber den Strom. Auf
seinen Wellen gleitet es als Nachen ebenso leicht wie das Riesen-
gebäude des Ozeandampfers über schaukelnde Meereswogen.
Tausend Gestalten nimmt das Werkholz unter den ge-
schickten Händen des Schreiners, des Drechslers an. Alle die ver-
schiedenen Eß-, Putz- und Ziertische mit ihren kunstvoll gedrehten
Füßen, der Schreibtisch des Gelehrten wie die kunstlose Holzpritsche
des Schneiders, die prunkvolle Bettstatt des Reichen wie die einfache
Kinderwiege, die Dutzende von Stuhl-, Sessel-, Bank- und Schrank-
formen, Kisten und Kasten bestehen ganz oder doch zum größten
Teile aus Holz. Die tausenderlei Sachen und Sächelchen, womit
das Christkind zu Weihnachten die liebe Kinderwelt bedenkt, ent-
stammen ebenfalls zumeist irgend einem Holzhofe. Und was wird
heute nicht alles in und aus Holz geschnitten und geschnitzt vom
feinsinnigen Bildwerk des Künstlers an, vom zierlichen Stock- und
Schirmgriff bis zum unförmigen Kochlöffel herab l
Die Fabrikation unserer Musikinstrumente ist an das Vor-
handensein der verschiedensten Holzarten gebunden. „Die meisten
Instrumente sind äußerlich mit Mahagonifurnieren überzogen, die
aus Mittelamerika stammen. Das Holz zu den Resonanzböden ist
auf den Hochgebirgen unseres Vaterlandes gewachsen. Es ist aus-