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1912 - Grünstadt : Riedel
Das geordnete Familienleben. „Heim", „Heimat", „Himmel", diese drei Worte gleichen sprach- lichen Ursprungs, wecken sie nicht in jedem Menschenherzen Gefühle eines unsäglichen Glückes? Verbindet sich mit ihnen nicht unwill- kürlich die Empfindung des Schutzes, des Geborgenseins? Und wie beschleicht uns fröstelnd das Gefühl der Verlassenheit und Verein- samung, sobald wir das Wort „Fremde" hören! Eine holde Welt läßt es in graue Oede versinken, das Paradies, in dem unsere Kindheit lag. In die „Verbannung gehen" schien unsren Altvordern fast gleichbedeutend mit „in den Tod gehen", und „in der Verbannung sterben" galt ihnen als das herbste aller traurigen Geschicke. Nirgends so sehr als in der fremden weiten Welt kommt uns aber auch der tiefe Sinn des uralten Schöpferwortes zum Bewußt- sein „Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei." Wir Erdensöhne sind zur Geselligkeit geschaffen, zum vertrauenden und helfenden Zusammenstehen. Die Wurzeln alles geselligen Zusammenlebens aber liegen in jenem Kindheitseden, das wir unser Heim, unsere Familie nennen. Ein Stück Himmel lacht uns hier entgegen. „Mutterliebe, Vater- güte, Elternsorge, trautes Haus und arme Hütte, Gärtchen mit spielenden Geschwistern, Nachbarn und Nachbarskinder, Spielgenossen aus der Tierwelt, kurz, alles hat beigesteuert zu einem Paradies für die Kindesunschuld. Daraus vertrieben, bleibt dennoch der Segen und das sehnsüchtige Gedenken." (Stieglitz, der Lehrer auf der Heimatscholle.) So verstehen wir die rührende Klage der Iphigenie: „Weh' dem, der fern von Eltern und Geschwistern Ein einsam Leben führt! Ihm zehrt der Gram Das nächste Glück von seinen Lippen weg: Ihm schweifen immer abwärts die Gedanken Zu seines Vaters Hallen: wo die Sonne Zuerst den Himmel vor ihm ausschloß, wo Sich Mitgeborene spielend fest und fester Mit sanften Banden aneinander knüpften." Unter allen Verbindungen, wozu gottgewollter Geselligkeitsrrieb die Menschen geführt, ist eben die „Familie" für uns die nächste, schönste und heiligste. Sie ist, wie Riehl sagt, „die ursprünglichste, urälteste menschlich-sittliche Genossenschaft, zugleich eine allgemein menschliche; denn mit der Sprache und dem religiösen Glauben finden wir sie bei allen Völkern der Erde wieder."
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