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- S. 71
1912 -
Grünstadt
: Riedel
- Autor: Böshenz, Jakob
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Sonntagsschule
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neues Bayern, aber auch die Herrschaft der kleineren pfälzischen
Fürsten erlag dem gewaltigen Ansturm der Revolutionsmänner.
Die Franzosen waren seit 1796 die Herren der Pfalz.
Was ihre Bewohner von nun an all die langen Kriegsjahre
hindurch an Lasten und Abgaben, Einquartierungen und Exekutionen
zu tragen hatten, liegt in Bergen von Kriegsrechnungen, Kriegs--
schuldenverzeichnissen, Briefen und anderen Schriftstücken in den
Gemeindearchiven vergraben. Und nicht genug damit, daß unsere
Bauern die schwersten materiellen Opfer brachten, ihre Söhne wurden
noch dazu in die französischen Regimenter gesteckt um auf fremden
Schlachtfeldern zu verbluten. Krankheit und Mißwachs vergrößerten
noch den allgemeinen Jammer. Aber auch die Reichstruppen im
Vereine mit den russischen Kosaken und Kalmüken hausten 1814/15,
als ob sie in Feindesland ständen.
Das Jahr 1816 stellte unsere Pfalz wieder unter bayrische
Herrschaft. Ein denkwürdiges und freudiges Ereignis! Aber der
Wiener Kongreß hatte die einst so herrliche Pfalzgrafschaft zerrissen
und zerstückelt. Baden, Hessen und Preußen teilten sich in die ge-
segnetsten Strecken pfälzischer Erde. Rur ein Teil des linken
Rheinufers kam an das Haus Wittelsbach zurück, abgetrennt vom
Mutterlande, den mächtigen französischen Nachbarn so nahe gerückt,
daß deren Begehrlichkeit immer wieder erwachen mußte, wie dies
in den folgenden Jahrzehnten auch stets wieder geschah.
Aber der Genius des deutschen Volkes, der damals in trauern-
der Knechtsgestalt an unseren heimatlichen Hütten vorbeiging, er
rauschte einige Jahrzehnte später mit stolzem Flügelschlage nach
Westen. Wir sahen ihn, wir spürten seiner Flügel Wehen; auch die
Söhne unserer Heimat folgten seinem Siegessluge, und sie setzten
Gut und Blut ein für das neue große, geeinte Vaterland, das nun
auch die vielgeprüfte Pfalz am Rhein umfängt mit seinem mächtigen
Schutz. Möge unserer schönen Heimat nie mehr die Sonne des
Friedens untergehen und Gedeihen walten über ihren blühenden
Fluren! Die Geschichte ist eine gute, sie ist die beste Lehrmeisterin.
Möge sie uns lehren die Heimat zu lieben. Denn wir halten es
mit Fontanes Ueberzeugung, der seinen „König Jakob" zu „Dou-
glas" sprechen läßt:
„Der ist in tiefster Seele treu,
Der die Heimat liebt wie Du."