1912 -
Straßburg
: Bull
- Autor: Hauptmann, Emil
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule, Volksschule, Mittelschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Elsaß-Lothringen
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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zusammengeschlossen. Ihre Spitze haben die zahlreichen Kreisvereine im
„Landesverband der landwirtschaftlichen Kreisvereine in Straßburg". Andere,
ähnliche Vereine sind durch die aufopfernde und belehrende Tätigkeit einzelner
Volks- und Bauernfteunde entstanden, so der „Verband ländlicher Genossen-
schaften in Straßburg" (Raiffeisensche Organisation) und der „Revisions-
verband landwirtschaftlicher Genossenschaften".
Mit Hilfe dieser Vereine und Genossenschaften kann sich auch der be-
scheidene Kleinbauer alle die Vorteile verschaffen, die sonst nur der Großgrund-
besitzer genießt: Gemeinsam werden die Bedarfsgegenstände des Landwirts
eingekauft und zu einem viel geringeren Preise an den Einzelnen abgegeben,
als er sie vom Kleinhändler in der Nähe bekommen kann/ Was der Land-
wirt zu verkaufen hat, nimmt ihm die Genossenschaft ab und sichert ihm
einen höheren Preis, als er ihn beim Einzelverkauf erlangen könnte. Vor
allem aber bewahrt sie ihn vor den schlimmen Händen des Wucherers, indem
sie ihm für einen mäßigen Zins Geld vorstreckt, wenn er leihen muß. Die
Mittel zu ihrer Tätigkeit erhalten die Kreisvereine aus den Beiträgen ihrer
Mitglieder und aus Unterstützungen, die ihnen von den einzelnen Bezirks-
regierungen und von der Landesregierung zufließen.
So wird der Staat zum Förderer und Schirmer der Landwirtschaft,
ohne daß er den einzelnen zwingt oder in seiner Tätigkeit einengt. Jeder
kann seine Kraft und seinen Arbeitseifer frei walten lassen.
Hindernisse soll endlich der Staat aus dem Wege räumen,
Hindernisse, die der Einzelne nicht selber beseitigen kann. Alle Wildwasser,
alle uneingedämmten Flüsse, alle Sümpfe und Ödlandschaften dürfen als
Feinde des Landmanns angesehen werden. Aber ihm fehlt die wichtigste
Waffe gegen diese Feinde, das Geld. Der Staat muß es für ihn ausgeben.
Er dämmt die Flüsse ein, baut Abzugsgräben und kleinere Kanäle, um zur
Zeit des Hochwassers die überflüssigen Wassermengen ableiten zu können.
Er ordnet die Austrocknung von Sumpflandschaften und das Auffangen der
Wildwasser an. So ist in den letzten Jahren das öde Hardtfeld durch Be-
wässerungsanlagen in fruchtbares Wiesenland umgewandelt worden. 800 Hektar
neue Wiesen wurden gewonnen. Ebenso dürfen wir die zahlreichen Stauweiher
in unsern Vogesen als Denkmäler staatlicher Fürsorge ansehen. Etwa 1000 Hektar
Wiesen können allein mit dem Wasser versorgt werden, das alljährlich im
Ahlfeldweiher angesammelt wird. Durch die Berieselung kann der Ertrag
von 1 Hektar Wiesen um 50 Mk. gesteigert werden. Mithin müßte der Land-
wirtschaft ein jährlicher Gewinn von 50 000 Mk. dank der Anlegung dieses
Weihers zufließen. —- Endlich sei noch der besonderen Regierungsbeamten
(Meliorationsbauinspektoren, Wiesenbaumeister) gedacht, die landauf, landab