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1. Unser Heimatland Elsaß-Lothringen - S. 31

1912 - Straßburg : Bull
31 Doch bevor wir uns vergegenwärtigen, was auf diesen Gebieten schon geschehen ist, müssen wir die einzelnen Zweige unserer Viehzucht noch etwas genauer betrachten. Die Pferdehaltung scheint seit 1882 wenig Fortschritte zu machen. Sie entwickelt sich jedenfalls viel langsamer als die französische und die deutsche. (Die französische seit 1866 um 14°/o, die deutsche seit 1860 um 36 °/0 vermehrt.) Auch hierbei spielt die Verteilung des Grundbesitzes eine Rolle. Die zahlreichen Kleinbauern des Reichslandes kommen meist ohne Pferde aus. Die Aufzucht von Rindern ist lohnender. Auch als Zugtier genügt das Rind. Zum Antrieb landwirtschaftlicher Maschinen gebraucht man immer mehr die Motorkraft. Kraftwagen treten immer häufiger an Stelle der von Pferden gezogenen Personen- und Lastfuhrwerke. Für das Heer endlich eignen sich die schweren, ausdauernden, aber etwas plumpen Pferde unseres Landes nicht. Die feiner gebauten Reitpferde werden am besten auf den großen Gütern Norddeutschlauds gezogen, wo ausgedehnte Weideflächen den Tieren mehr Bewegung gestatten. Die ganz kleinen Bauerngüter ziehen keine Pferde groß; sie haben auch wenig Anteil an der Rindviehzucht. Es muß schon ein ziemlich großes Stück Land vorhanden sein, wenn es für Großvieh Futter liefern soll. 152 000 Bauern mit weniger als 2 ha Land besitzen nur etwa 14°/o von der Gesamtzahl aller 1907 gezählten Rinder, während auf die 54 000 mit 2—5 ha rund 33 °/o und auf die 34 000 mit 5—20 ha gar 40 °/o kommen. Die Mittelbauern halten also am meisten Vieh bei uns. Nun kommt noch hinzu, daß viele von jenen 152 000 „Kleinbauern" Rebbesitzer sind, die ihre Einnahmen aus dem Weinbau ziehen und daher weniger Wert auf Rindviehzucht legen. So dürfte es sich erklären, wenn unser Viehstand geringer scheint als der der gleichgroßen deutschen Staaten, bei denen ja der Weinbau nicht die Rolle spielt wie bei uns. Und noch eine zweite Eigentümlichkeit ist zu bemerken. Der elsaß- lothringische Viehzüchter will vor allem Milch gewinnen; er verlegt sich viel weniger auf die Aufzucht von Mastvieh. In der Mastviehhaltung steht darum Elsaß-Lothringen unter allen größeren deutschen Staaten an letzter Stelle. Im Unterelsaß findet der Bauer guten Absatz für seine Milch vor allem in Straßburg, daun auch in den zahlreichen kleineren Städtchen des Bezirks. Im Oberelsaß versorgt der Kreis Altkirch namentlich die Fabrik- stadt Mülhausen. (Altkirch besitzt einen der größten Viehmärkte in ganz Süddeutschland.) Die zahlreichen Fabrikorte am Fuße oder in den Tälern des Gebirges bilden gute Abnehmer für das Vieh, das hauptsächlich auf den Hängen unserer Berge reichlich gezogen wird. In Lothringen dagegen
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