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1. Unser Heimatland Elsaß-Lothringen - S. 34

1912 - Straßburg : Bull
34 weiß ja nie, ob die Grenze auch frei ist, und welche Grenze. Ein Volk, das man aushungern kann, muß die Waffen strecken, auch wenn es nicht besiegt ist. Darum muß vorgesorgt werden, damit die Viehzucht den Bedarf aller Reichsbürger schon im Frieden zu decken vermag. Und des- wegen darf sie sich des Schutzes und der Förderung durch das Reich erfreuen. Ein Reichsgesetz schreibt vor, was bei ausbrechenden Viehseuchen zu geschehen hat. Unserer elsaß-lothringischen Landesregierung aber bleibt es vorbehalten, den Viehstand unseres Landes zu überwachen, zu sorgen, daß sich die Seuchen nicht weiter verbreiten. Darum sind an vielen Orten des Landes Tierärzte angestellt. Besonders scharf aber überwacht die Reichsregierung die Reichsgrenzen, damit nicht Seuchen aus fremden Ländern eingeschleppt werden. Sie kann sogar die Einfuhr fremden Viehes ganz verbieten. Das ist notwendig und nützlich. Nach Milliarden wird der Wert des deutschen Viehstandes berechnet. Eine einzige Seuche könnte in kurzer Zeit Hunderte von Millionen an Viehwerten vernichten. Allerdings kann das Viehseuchengesetz auch eine Wirkung hervorrufen, die das Gesetz nicht will. Wenn wegen Seuchen in den Nachbarländern die Grenzen gesperrt werden müssen und zugleich das Vieh im eigenen Lande knapp ist, dann gehen die Viehpreise in die Höhe, das Fleisch wird teuer. Das ist ein Übelstand. Aber er muß getragen werden. Oder soll wegen vorübergehend höheren Fleischpreisen der ganze deutsche Viehstand in Gefahr gebracht werden? Eine ähnliche Wirkung haben ja auch die Viehzölle. Damit der Viehzüchter angeeifert werde, möglichst viel Vieh zu ziehen, verteuert das Reich das fremde Vieh, das der Überstuß des Auslandes uns sendet, durch den Zoll. Gewiß wäre es besser, wenn diese Verteuerung gespart werden könnte. Das Reich muß aber nicht nur den Augenblick, es muß die Zu- kunft bedenken. Es bewahrt uns dadurch vor großer Not in jenem seltenen Fall, im Kriege. Und wenn dieser Fall nie eintritt? Nun dann hat die Sorge der Reichsregierung in anderer Weise Früchte gebracht. Indem sich der Vieh- stand mehrt, vergrößert sich das Volksvermögen. Wohlhabende Bauern werden keine darbenden Arbeiter, Handwerker, Kaufleute neben sich sehen. Wenn es einem großen Berufszweige eines Volkes gut geht, hat auch der andere zu tun. Darum mag der elsaß-lothringische Viehzüchter unter dem Schutze des Reiches getrost seinen Viehstand pflegen. Er fördert damit nicht nur
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