1910 -
Leipzig
: Voigtländer
- Autor: Heuß-Knapp, Elly
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Mädchenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Frauenschule
- Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
- Geschlecht (WdK): Mädchen
Viertes Kapitel.
Entwicklung des Handels und Verkehrs.
§ 12. Entwicklung des Handels.
Der Handel ist die gewerbsmäßige Vermittlung zwischen
Produktion und Konsumtion, planmäßige Tauschvermittlung.
Aus dieser Definition seiner Aufgaben geht schon hervor, daß in
der frühen deutschen Wirtschaftsgeschichte von Handel gar nicht
oder nur sehr wenig die Rede sein kann. In der Periode der
Eigenproduktion, als die Familien alles selbst herstellten, was sie
verbrauchten, ist der Handel wie das Geld unnötig. Nur für
einige Luxusgegenstände — Pelze, Gewürze usw. — ist man auf
den Handel angewiesen, wenn man nicht aus sie verzichten will.
Meistens fängt der Handel damit an, daß Fremde, vielleicht Ver-
treter höher kultivierter Völker mit ihren heimischen Waren
kommen und neue Bedürfnisse wecken. Fast überall hat der
Handel vom Schiff aus begonnen. Der Wasserweg ist die einzige
brauchbare Verkehrsstraße in wenig kultivierten Ländern. So
sind schon im Anfang Handel und Verkehr unlöslich verbunden,
voneinander abhängig.
Überseehandel: Der Seehandel steht das ganze Mittel-
alter hindurch an erster Stelle. Nach den Kreuzzügen werden
Produkte des Orients, Stoffe, Waffen, Schmuck, Gewürze in
großen Mengen auf dem Seeweg nach Europa gebracht. Deutsch-
land ist auch als Stapelland daran mit Gewinn beteiligt. Die
Güter mußten drei Tage lang in den Seestädten ausliegen, zum
Verkauf angeboten werden, ehe sie an ihren Bestimmungsort ge-
langen. Der Kaiser verlieh den Städten dieses „Stapelrecht" als
wertvolles Vorrecht (Privileg). So konnten auch Plätze, die nicht
an der See, an schiffbaren Flüssen oder den alten Römerstraßen
gelegen waren, durch diesen Stapelzwang wichtige Handelsplätze
werden < Braunschweig, Leipzig usw.)
Vorurteilgegendenhandel: Es ist nicht zu ver-
wundern, daß dieser Handel im Gegensatz zum ruhigen Gewerbe
einen abenteuerlichen Charakter trägt, im ständigen Kampf gegen •
Seeräuber selbst etwas Räuberisches annimmt und daher in den
üblen Ruf kommt, dem Betrug verwandt zu sein.
Der Handwerker ist seßhafter Bürger, dessen Art des
Arbeitens und des Verdienstes bekannt ist, unter den Augen des