1908 -
Leipzig [u.a.]
: Teubner
- Autor: Griep, Max
- Hrsg.: ,
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1901
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
1. Abschnitt. Das Familienleben. 8. Kapitel.
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das Nachlaßgericht durch das Aufgebotsverfahren die berechtigten Erben zur An-
meldung ihrer Ansprüche aufzufordern. Bis dahin hat das Gericht für den Bestand
der Erbschaft zu sorgen. Es kann einen Nachlaßpfleger ernennen, der in einem Nachlaß-
verzeichnis den Bestand festzustellen und Geld, Wertpapiere und anderes zu hinter-
legen hat. Ein jeder Erbe kann vom Gerichte ein Zeugnis über sein Erbrecht und die
Größe des Erbteils (Erbschei n) verlangen.
Haftpflicht der Erben. Wie schon oben erwähnt, haften die Erben nach An-
nahme der Erbschaft für sämtliche Nachlaßschulden sogar über die Erbschaft hinaus
mit ihreni eigenen Vermögen. Um sich vor Verlusten zu schützen, wird es die erste
Sorge der Erben sein, sich über die Höhe des Nachlasses, die Schulden und die Nachlaß-
verbindlichkeiten Kenntnis zu verschaffen, da ja der Fall eintreten könnte, daß die
Erbschaft nicht ausreicht, diesen Verpflichtungen nachzukommen. Er wird zunächst
den Bestand der Erbschaft durch Errichtung des Nachlaßinventars feststellen. Es kann
aber auch jeder Nachlaßgläubiger einen darauf bezüglichen Antrag beim Nachlaß-
gerichte stellen. Die Aufstellung dieses Inventars ist unter Zuziehung eines Notars
oder zuständigen Beamten zu bewirken, und zwar ist eine Frist von vier Wochen
gesetzt, die höchstens auf drei Monate verlängert werden kann. Das Inventar muß
alle Gegenstände unter Angabe ihres Wertes und einer kurzen Beschreibung ent-
halten. Solange das Inventarverzeichnis nicht beim Gerichte eingereicht worden
ist, können die Nachlaßgläubiger keinen Anspruch am Nachlasse erheben. Sollte einer
derselben ein Urteil zur Zahlung erwirkt, eine Pfändung aus denr Nachlasse oder dem
Vermögen des Erben stattgefunden haben, so dürfen die gepfändeten Gegenstände
nicht versteigert und Gelder nicht ausgezahlt werden. Wenn ein Nachlaßgläubiger
die Vollständigkeit oder Richtigkeit des Inventarverzeichnisses anzweifelt, so kann er
von den Erben die Leistung des Ofsenbarungseides verlangen.
Antrag eines Gläubigers auf Einreichung eines
Inventarverzeichnisses:
Berlin, den 4. März 1901.
Der am 15. Februar zu Neu-Ruppin verstorbene Bäckermeister
Anton Richard schuldet mir laut beiliegenden Kontoauszuges aus
meinen Geschäftsbüchern die Summe von
„500 Mark"
in Buchstaben: „Fünfhundert Mark". Sein Sohn, Fritz Richard, hat
als alleiniger Erbe die Erbschaft angetreten.
Ich beantrage daher, dem Fritz Richard die Einreichung eines
Inventarverzeichnisses aufzugeben.
An Karl Neumann, Mehlhändler,
das Königliche Amtsgericht Berlin N., Liuienstr. 8.
in Neu-Ruppin.
Das Aufgebotsverfahren. Ein zweites Mittel, die Haftpflicht des Erben gegen-
über den Nachlaßgläubigern zu beschränken, bietet das Aufgebotsverfahren, das
beim Nachlaßgerichte zu beantragen ist. Dadurch werden alle Nachlaßglüubiger
aufgefordert, ihre Forderungen am Nachlasse in der ihnen gestellten Frist anzumelden.