1908 -
Leipzig [u.a.]
: Teubner
- Autor: Griep, Max
- Hrsg.: ,
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1901
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Gesellschaftskunde
74 Zweiter Teil. Die Rechte und Pflichten der Volljährigen.
Außerdem können von ihnen Schulen zur besseren Ausbildung der Meister,
Gesellen und Lehrlinge, Unterstützungskassen (Innungkrankenkassen), Schieds-
gerichte, Meister- und Gesellenprüfungen und Arbeitsnachweisstellen errichtet werden.
Auf Grund der abgehaltenen Prüfungen dürfen sie auch Zeugnisse ausstellen.
Man unterscheidet freie und Zwangsinnungen. Die freie Innung
wird von den Gewerbetreibenden unter Zugrundelegung eines vom Bezirksausschüsse
zu genehmigenden Statutes gegründet. Die Errichtung einer Zwangsinnung lvird
vom Regierungspräsidenten angeordnet, wenn sich in einem abgegrenzten Bezirke
mindestens die Hälfte der ansässigen Handwerker für den Beitritt zur Zwangsinnung
entschieden hat. Ist ihre Errichtung verfügt worden, so sind die Handwerker ver-
pflichtet, derselben beizutreten. Da beide Arten der Innungen die Rechte juristischer
Personen genießen, so können sie die Jnnungsbeiträge auch zwangsweise eintreiben.
An der Spitze der Innungen steht ein Vorstand, der die laufenden Geschäfte zu er-
ledigen hat. Besonders wichtige Angelegenheiten sind in der dem Vorstande über-
geordneten Generalversammlung zu beraten. Innerhalb jeder Innung ist ein Ge-
sellenausschuß zu bilden, der in allen Fragen zu hören ist, die das Lehrlingswesen und
die Gesellenprüfung, sowie die Errichtung von Wohlfahrtseinrichtungen für Gesellen
betreffen. Erfüllen die Innungen die ihnen durch das Gesetz zugewiesenen Ausgaben
nicht, so können sie aufgelöst werden. Die ihnen vorgesetzte Behörde ist der Landrat,
in Städten über 10 000 Einwohnern der Magistrat. Die Innungen desselben Hand-
werks können zu Jnnungsverbünden, verschiedene Innungen eines Bezirkes zu
Jnnungsausschüssen zusammentreten.
7. Handwerkskammern. Wie schon erwähnt, sind nach dein Reichsgesetze Hand-
werkskammern zu gründen, die in allen wichtigen, das Handwerk betreffeirden Frageir
zu hören sind. Ihre Aufgabe ist es, das Lehrlingswesen zu regeln und für die Durch-
führung der darauf bezüglichen Vorschriften zu sorgen, den Staats- und Gemeinde-
behörden diejenigen Fragen zu unterbreiten, die das Handwerk fördern können und
Prüfungsausschüsse für die Gesellenprüfuirgen zu bilden. Ebenso wie die Jnnungs-
verbände köniren sie Fachschulen errichten und unterstützen und aridere Veranstaltringen
zur Förderung der gewerblichen, technischen und sittlicheii Ausbildimg der Meister,
Gesellen und Lehrlinge treffen. Zu Mitgliedern der Handwerkskammern köiinen
Jiinungsmitglieder der in dem Bezirke derhandwerkskammern bestehenden Innungen,
sowie Mitglieder von Gewerbevereinen, deren Zweck die Förderung des Handwerkes
ist und die zur Hälfte ihrer Mitglieder aus Handwerkern bestehen, gewählt werden.
8. Arbeiter, Gehilfen, Gesellen. (Sonntagsruhe.) Die Arbeiter können
voii den Gewerbetreibenden nicht verpflichtet werden, an Sonntagen und den von
den Landesregierungen bestimmten Festtagen zu arbeiten. Eine Ausnahme ist nur
gestattet für Arbeiten, welche in Notfällen oder im öffentlichen Interesse vorzunehmen
sind, für die Vornahme einer gesetzlich vorgeschriebenen Inventur am Sonntage,
für die Bewachung der Betriebsanlagen, für Reinigungs- und Jnstandhaltungs-
arbeiten, ohne welche der eigene oder ein fremder Betrieb nicht fortgesetzt werden
kann, für Arbeiten, welche zur Wiederaufnahme des vollen werktägigen Betriebes
oder zur Verhütung des Verderbens von Rohstoffen oder des Mißlingens von Ar-
beitererzeugnissen notwendig sind. Gewerbetreibende, welche Arbeiter an Sonn-
und Festtagen beschäftigen, sind verpflichtet, ein Verzeichnis anzulegen, in welches
für jeden Sonn- und Festtag die Zahl der beschäftigten Arbeiter, die Dauer ihrer Be-
schäftigung und die Art ihrer Arbeit einzutragen ist. Dauert diese Arbeit länger als