1910 -
Vohwinkel
: Selbstverl. H. Jösting
- Autor: Jösting, Heinrich
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Landwirtschaftliche Winterschule
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Allgemeine Wirtschaftslehre.
die „Novelle vom 12. August 1896 in der Fassung der Bekannt-
machung des Reichskanzlers vom 20. Mai 1898." Gesellschaften
von nicht geschlossener Mitgliederzahl, welche die Förderung des
Erwerbes oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder mittels gemeinschaft-
lichen Geschäftsbetriebes bezwecken (Genossenschaften), erwerben die
Rechte einer eingetragenen Genossenschaft nach Maßgabe des Gesetzes.
Die Genossenschaften bilden rechtsfähige Personen, d. h.
sie können klagen und verklagt werden, und sie besitzen die gleichen
Rechte einer physischen (körperlichen) Person. Zur Gründung sind
mindestens 7 Personen erforderlich.
Um den Lieferanten von Waren, den Gebern von Darlehen
u. s. w. Sicherheit zu gewähren, wurde die Haftpflicht ein-
gerichtet. Hiernach unterscheidet man drei Arten von Genossen-
schaften:
1. Genossenschaften m. u. b. H. (mit unbeschränkter Haftpflicht),
2. Genossenschaften m. b. H. (mit beschränkter Haftpflicht),
3. Genossenschaften m. u. N. (mit unbeschränkter Nachschustpflicht).
Bei der unbeschränkten Haftpflicht haften die Genossen für
die Verbindlichkeiten der Genossenschaft sowohl der letzteren als auch
den Gläubigern unmittelbar und mit ihrem ganzen Vermögen, der
eine für den anderen (Solidarhaft). Bei den Genossenschaften
m. b. H. haften die Genossen sowohl der Genossenschaft als auch
den Gläubigern zwar auch unmittelbar, jedoch nur bis zur Höhe
einer im voraus bestimmten Summe. Bei der beschränkten Nach-
schustpflicht müssen die Genossen soviel nachschießen, daß die Ge-
nossenschaft die Gläubiger befriedigen kann. Die Genossen haften
gleichfalls mit ihrem ganzen Vermögen, aber nicht unmittelbar den
Gläubigern.
Zur Sicherheit mutz außerdem wenigstens alle 2 Jahre eine
besondere Controlle, Revision genannt, stattfinden. Der Revisor
darf der Genossenschäsdärednicht angehören. Er muß sachverständig
sein und wird, falls die Genossenschaft einem Revisionsverbande
nicht angehört, vom Gericht bestellt. Bei der Revision muß der
Aufsichtsrat zugegen sein. Dem Revisor ist Einsicht in die Bücher,
die Schriften, die Kasse, die Warenbestände und die sonstigen Ein-
richtungen zu gestatten. Die stattgehabte Revision und deren Er-
gebnis ist von dem Vorstand dem Gerichte mitzuteilen.
Jede Genossenschaft muß nach Art des Unternehmens und
der Haftpflicht eine -hirma annebmen. z. B. Landwirtschaftliche
Bezugs- und Absatz-Genossenschaft zu Elberfeld, e. G. m. u. H.